„Ein rotzfreches Teil“: Die Wüstenrot-Stiftung sanierte den Umlauftank 2 auf der Schleuseninsel
Mächtig erhebt sich das Ding auf der Schleuseninsel: das Ungetüm eines Kastens und einer Riesenröhre. Viele rätseln, welche Funktion es hat. Nach etwas mehr als zwei Jahren Sanierung erstrahlt der denkmalgeschützte „Umlauftank 2“ (UT 2) der Technischen Universität (TU) aufs Neue in Sattblau und Rosa.
Der Eigentümer des Bauwerks im Grenzbereich zwischen Industriebau, Maschine und wissenschaftlichem Gerät, das Land Berlin, fuhr die Einrichtung der TU-Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau konsequent auf Verschleiß. „Er war kurz vor dem Verfall und unglaublich verrostet“, sagt Philip Kurz, Geschäftsführer der Wüstenrot-Stiftung. Die Stiftung, die seit 1990 gemeinnützig in den Bereichen Denkmalpflege, Wissenschaft, Forschung, Bildung, Kunst und Kultur arbeitet, nahm sich 2012 des Umlauftanks an. „Die Wüstenrot-Stiftung schafft auch Wertschätzung für Denkmale, die noch nicht im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen“, erläutert Philip Kurz. Dies seien zum Beispiel Denkmale aus der Zeit nach 1945, mit denen die Gesellschaft noch hadere, die keine Lobby hätten und am stärksten gefährdet seien.
Der Umlauftank im Landwehrkanal, der größte der Welt, wurde zwischen 1968 und 1974 errichtet und ging 1975 in Betrieb. Architekt war der weithin unbekannte Ludwig Leo (1924-2012). Seine Werkliste ist kurz. Doch bereits zu Lebzeiten wurden drei seiner Bauten unter Denkmalschutz gestellt, darunter der Umlauftank 2. Der UT 2 sei „Moderne, die nicht alt geworden ist“, meint der Architekt Hans-Günter Merz, dessen Büro mit der Sanierung beauftragt war. Merz nennt Leos Umlauftank bewundernd ein „rotzfreches Teil“, das der „imperialen Achse“ Berlins die Zunge herausstrecke. Die Universität nutzt den UT 2 für Versuche mit Schiffsmodellen sowie für Widerstands-, Freifahr-, Propulsions- oder Manövrierversuche sowie für Strömungsbeobachtungen.
Nach der Erstellung einer Machbarkeitsstudie nahm die Wüstenrot-Stiftung 3,5 Millionen Euro für die Sanierung in die Hand. 2014 begannen die Planungsarbeiten, saniert wurde innen und außen seit August 2015. Man habe bei der Sanierung viel Detailarbeit geleistet, so Architekt Merz. Die Funktion der Einrichtung sei wiederhergestellt, nur in besserer Bautechnik. „Es wurde alles daran gesetzt, die Sachen zu erhalten.“
Während die 120 Meter lange rosa Röhre und das Innere der Laborhalle relativ einfach instand zu setzen waren, stellten die Metallpaneel-Fassade der Laborhalle und das Tragwerk der ganzen Konstruktion eine besondere Herausforderung dar. Im Umlauftank treiben zwei jeweils 2750 PS starke Schiffsdieselmotoren einen 24 Tonnen schweren, vierflügeligen verstellbaren Propeller an, um insgesamt 3300 Tonnen Wasser bis zu einer Strömungsgeschwindigkeit von zehn Meter pro Sekunde in Bewegung zu setzen.
Die Universität wird den Umlauftank für Forschungen weiter betreiben. „Sonst hätte ihn die Wüstenrot-Stiftung auch nicht saniert“, sagt TU-Strömungsfachmann Paul Uwe Thamsen. „Die Hülle wird gefüllt“, ergänzt Christine Ahrend, erste Vizepräsidentin der TU Berlin. 1,5 Millionen Euro würden aufgewendet, um aus dem UT 2 einen „Thinktank der Schifffahrtstechnik“ zu machen. Die Betriebskosten kann die TU selbst tragen.
„Wir möchten Spaß haben“, sagt Professor Thamsen. Es gebe keine Businesspläne und keine Wertschöpfung, dafür viel Erkenntnisgewinn für die Gesellschaft, wenn in dem „Oldtimer mit den alten großen Knöpfen“ etwa Pinguinmodelle vermessen werden. Für größere Gruppen will die Universität Führungen durch den Umlauftank anbieten. Und ganz bestimmt öffnet UT 2 seine Türen in der Langen Nacht der Wissenschaften im nächsten Sommer.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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