„Der fröhliche Weinberg“ am Wannsee
Literarisches Colloquium Berlin zeigt derb-realistisches Volksstück mit Publikumsbeteiligung

Was macht ein Weingutbesitzer? Wein ausschenken. Walter Plathe als Jean Baptiste Gunderloch mit seinem Schauspielerkollegen Thorsten Heidel bei Probeaufnahmen  zum „Fröhlichen Weinberg“. | Foto: Foto: Kay Sievers
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  • Was macht ein Weingutbesitzer? Wein ausschenken. Walter Plathe als Jean Baptiste Gunderloch mit seinem Schauspielerkollegen Thorsten Heidel bei Probeaufnahmen zum „Fröhlichen Weinberg“.
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 "Der fröhliche Weinberg" von Carl Zuckmayer war der größte Theatererfolg der Weimarer Republik. Jetzt wird das Lustspiel im Garten des Literarischen Colloquiums Berlin (LCB) in Szene gesetzt – als „Volksauktion am Wannsee“ mit Publikumsbeteiligung.

Zuckmayer (1896-1977) schrieb den „Weinberg“ 1924 am Wannsee. Das derb-realistische Volksstück ist im Milieu von Winzern, Weinhändlern, Schiffern und Kleinbürgern angesiedelt und spielt in einem fiktiven hessischen Winzerdorf mit Rheinblick. Es zeichnet sich durch eine ungebändigte, ausdrucksstarke Sprache aus. Nachdem im Herbst 1925 sämtliche Berliner Bühnen das Stück angelehnt hatten, kam es am 22. Dezember desselben Jahres im Theater am Schiffbauerdamm zur Uraufführung und wurde zum literarischen Durchbruch Zuckmayers.

Im Mittelpunkt der Handlung steht das Schicksal des Klärchens Gunderloch, das sich mit einem Studenten verloben soll, um seinem Vater, dem Gutsbesitzer Gunderloch, einen legitimen Erben zu präsentieren, was diesem selbst verwehrt war. Klärchen aber hat ihren eigenen Kopf, sie verliebt sich in einen Schiffer, und es kommt zu zahlreichen Verwicklungen und Missverständnissen.

Stück rief Skandale und Proteste hervor

Trotz seiner Beliebtheit sorgte das Stück auch für Skandale und Anfeindungen. Konservative wie Linksradikale, Katholiken wie Juden fühlten sich karikiert. Kirchen in Bayern verboten ihren Gemeindemitgliedern den Besuch der Aufführungen, rheinhessische Bauern fuhren mit ihren Traktoren nach Berlin, um aus Protest vor dem Theater Mistkübel auszukippen. „Dieses erste ,Neue Volksstück‘ fragt nach einem falsch ideologisierten Heimatbegriff, der Angst vor Entfremdung und auch danach, wer das ,Volk‘ überhaupt sein soll. Es handelt sich um eine gesellschaftliche Selbstbefragung “, erklärt Dramaturgin Felizitas Stilleke.

Im Garten des LCB Am Sandwerder 5 erwartet die Zuschauer eine Mischung aus Volkstheater und Boulevardkomödie mit einem Hauch von Anarchie, ein amouröses Trinkgelage, eine rheinische Kirmes, eine Familiensaga. Weinköniginnen und Kriegsveteranen treten auf, Fässer werden rollen und Segelboote anlegen.

Regisseur Christian Filips stellt drei Uraufführungen in Folge in Aussicht, denn gemeinsam mit den Schauspielern, Autoren und Zuschauern sollen die Inszenierungen für den nächsten Tag gestaltet werden. „Es kann sein, dass Textstellen gemeinsam mit dem Publikum umgeschrieben werden, es kann aber auch ganz anders verlaufen“, sagt Katharina Kohlhaas vom LCB. Improvisation sei gefragt. „Es handelt sich hier um ein Experiment, das es so bei uns noch nie gegeben hat.“

Zu den Schauspielern gehören unter anderem Walter Plathe, Maximilian Brauer, Susanne Bredehöft, Torsten Heidel und Margarita Breitkiez. Mit dabei ist auch der Staats- und Domchor zu Berlin, der Chor der Neuen Nachbarschaft Moabit, das Ensemble Hauptstadtblech und die Sing-Akademie zu Berlin. Auch das Schwein „Schnitzel“ hat seinen Auftritt.

Am Freitag, 31. August, 19.30 Uhr, steht eine öffentliche Probestunde mit einer „diskursiven Weinprobe“ auf dem Programm.

Die Aufführungen finden am 7., 8. und 9. September, jeweils um 19.30 Uhr, statt. Die Adresse des LCB: Am Sandwerder 5. Karten kosten 15 Euro. Für die Probestunden sind acht, ermäßigt fünf Euro zu zahlen. Tickets gibt es unter www.lcb.de.

Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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