Wem die Stunde schlägt: Sonnenuhr im Rosengarten
Das Original war ein Geschenk von Genia Levine an den Maler Max Liebermann zu dessen 80. Geburtstag 1927. Die "schöne Russin", wie Liebermann Genia nannte, hatte er mehrmals porträtiert. Bei der Uhr handelte es sich um ein Modell, wie es im 17. Jahrhundert häufig in holländischen Gärten zu sehen war, um eine sogenannte Äquatorialsonnenuhr - zur richtigen Zeitangabe muss das Ziffernblatt sich parallel zum Äquator befinden. Liebermanns Uhr ist seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen.
Die neue Sonnenuhr wurde schnell entdeckt. "Um 9 Uhr haben wir sie aufgestellt, wenig später kamen schon die ersten Besucher und machten Fotos", erzählt Martin Faass, Leiter des Museums in der Villa. Zu verdanken ist das neue Motiv zahlreichen Spendern, immerhin betrugen die Kosten 5500 Euro. Dafür konnten die Errichtung des Sockels aus Muschelkalk und die Anfertigung der Sonnenuhr aus Messing in Auftrag gegeben werden. "Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen Spendern, wir sind auf sie angewiesen, da wir keinerlei Unterstützung erhalten und alles allein erwirtschaften müssen", erklärt Faass.
Dabei ist die Sonnenuhr eine Art Zusatzgeschenk, denn der eigentliche Auslöser für den Spendenaufruf war zunächst ein anderer. Mitte Juni stürzte im Heckengarten die 120 Jahre alte, von Liebermann selbst gepflanzte weißblühende Kastanie um - nicht nur ein optischer Verlust. Auf vielen Bildern des Malers war der markante Baum zu sehen. Eine neue Kastanie sollte her, mindestens zehn Meter hoch und mit 15 000 Euro entsprechend teuer. "Die Resonanz auf unseren Aufruf war unglaublich, das Geld war eine Woche später fast schon komplett da", sagt Faass. Eine besonders hohe Summe kam vom Kulturgut-Baum-Fonds in der Gemeinschaftsstiftung Historischer Gärten, eine Unterabteilung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Jetzt wird gemeinsam mit dem Fonds ein passender Baum ausgesucht, die Pflanzung ist Ende Oktober geplant. "Nach dem Sturz erhielten wir viele Zuschriften, eine war besonders rührend", erzählt der Museumsleiter. "Eine alte Dame schrieb uns, sie hätte eine acht Meter hohe Kastanie in ihrem Garten, die wollte sie uns zur Verfügung stellen, das war aus gärtnerischen Gründen leider nicht möglich."
Da die Spender so großzügig waren, kam mehr Geld zusammen, als für die Kastanie nötig war, deshalb konnte die Rekonstruktion der Sonnenuhr schneller als erwartet in Angriff genommen werden. Jetzt steht sie da und zählt die heiteren Stunden. Übrigens mit arabischen, nicht mit römischen Ziffern wie das Original. "Da hat der Bildhauer wohl nicht aufgepasst", meint Faass, "aber das ist nicht schlimm."
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.