Mitte nutzt Vorkaufsrecht
Degewo übernimmt Wohnhaus an der Müllerstraße
Das Bezirksamt nutzt zum zweiten Mal die Möglichkeit des kommunalen Vorkaufsrechts, um Mieter nach Hausverkäufen vor Luxusmodernisierungen, Mietenexplosionen und Verdrängung zu schützen.
Es ist nicht gerade die beste Adresse – direkt neben einer Tankstelle an der Hochtrasse am S-Bahnhof Wedding. Doch für die Käufer der Wohn- und Geschäftshäuser Müllerstraße 166a-167 offenbar ein gutes Investment, um später die Mieteinnahmen zu erhöhen. Doch daraus wird nun nichts. Weil das Haus im Milieuschutzgebiet Sparrplatz liegt, kann der Bezirk laut Baugesetzbuch sein Vorkaufsrecht ausüben, um die Ziele der sozialen Erhaltungsverordnung (Milieuschutz) zu sichern.
Ein Hauskäufer kann die Immobilie nur erwerben, wenn er eine sogenannte Abwendungsvereinbarung unterzeichnet. Das heißt, er erklärt sich bereit, dass er die Ziele des Milieuschutzes einhält: keine Umwandlung in Eigentumswohnungen, keine teuren energetischen Maßnahmen, keine Luxusmodernisierungen und die Einhaltung der kiezspezifischen Verordnungsmieten.
Im Fall Müllerstraße waren die Investoren nicht bereit, eine solche Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen. Das Haus kauft jetzt die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Degewo. Wie Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) mitteilt, wurde „der Bescheid zur Ausübung des Vorkaufsrechtes gegenüber den Verkäufern fristgerecht zugestellt.“ Geht innerhalb eines Monats kein Widerspruch ein, wird der Bescheid rechtskräftig. Die Degewo steigt zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen in den Kaufvertrag ein und tritt somit an die Stelle der Käufer.
Die Häuser an der Müllerstraße haben insgesamt 27 Wohnungen sowie im Erdgeschoss einen Musikladen, ein Reisebüro und ein Spielcasino. Das Haus Müllerstraße 166a ist ein Bau aus dem Jahr 1998. Es besteht aus sieben Geschossen inklusive einem ausgebauten Dachgeschoss und insgesamt 17 Wohnungen, von denen einige einen Balkon haben. Das Gebäude Müllerstraße 167 ist genau 100 Jahre älter und hat sechs Geschosse und zehn Wohnungen. Wie Gothe sagt, liegen die Mieten in beiden Häusern im Durchschnitt noch deutlich unter der durchschnittlichen Nettokaltmiete im Quartier.
Das Bezirksamt hat zum zweiten Mal sein Vorkaufsrecht ausgeübt. Erstmals hat Anfang des Jahres die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) für den Bezirk ein Wohn- und Geschäftshaus an der Rathenower Straße 50 in Moabit mit 15 Mietwohnungen übernommen. Auch dort wollte der Erwerber keine Abwendungsvereinbarung unterzeichnen.
Auch um die Mieter im Weddinger Eckhaus Amsterdamer und Malplaquetstraße vor Luxusmodernisierung und Verdrängung zu schützen, wollte das Bezirksamt sein kommunales Vorkaufsrecht nutzen. Doch der Investor hatte sich im Januar vertraglich verpflichtet, die Ziele des Milieuschutzes einzuhalten. Das Haus liegt im erst 2016 erlassenen Milieuschutzgebiet Leopoldplatz. Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) stand bereit, das Haus zu kaufen und zu sanieren. Hauskäufer Jakob Mähren hat sich per Abwendungsvereinbarung unter anderem dazu verpflichtet, dass die Nettokaltmieten nach Modernisierung 5,50 bis 6,50 Euro pro Quadratmeter nicht überschreiten. Verstößt er in den kommenden 20 Jahren dagegen, drohen sechsstellige Vertragsstrafen.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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