Chips bilden Organe ab
Die TissUse GmbH will Tierversuche ersetzen
In der Oudenarder Straße werden moderne Multi-Organ-Chips entwickelt, die bald alternativ zu Tierversuchen in der Pharma- oder Kosmetikindustrie eingesetzt werden können.
Der Begriff „Chip“ sei schon etwas missverständlich, gibt der Chef der Geschäftsentwicklung der TissUse GmbH, Reyk Horland, zu, als er seine Produkte erklärt. Man dürfe dabei nicht an Kartoffel- oder Computerchips denken. Tatsächlich sehen die Multi-Organ-Chips eher wie Kassetten aus. Sie bestehen aus Kunststoff und biologischen Zellen und haben die Größe eines üblichen Objektträgers aus dem Biologie-Unterricht. Die eingesetzten Zellen werden vorher so aufbereitet, dass sie Organfunktionen des Menschen in Miniaturformat darstellen. Mit dünnen Kanälen werden sie dann wie im Blutkreislauf miteinander verbunden.
Zellen verbinden
Um den menschlichen Körper mit seinen zehn verschiedenen Organgruppen in diesen Chips abzubilden, müssen mindestens zehn solcher Zellen miteinander verbunden werden. An der Entwicklung dieses Human-on-a-Chip arbeiten die Mitarbeiter der TissUse GmbH derzeit. Dafür hat die Firma zur Gründung 2010 eine Förderung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung erhalten. Die Chips sollen als Alternativen für Tierversuche eingesetzt werden und irgendwann auch klinische Studien mit Menschen verringern. 3- und 4-Organ-Chips hat TissUse schon entwickelt und der Human-on-a-Chip soll noch in diesem Jahr fertiggestellt werden.
Innovation in der Medikamentenherstellung
Die verwendeten Zellen für diese Chips stammen aus echten Menschen. Sie kommen meist aus Krankenhäusern und werden dort in Biopsien entnommen und isoliert. Danach müssen sie aufbereitet werden, um daraus Organe generieren zu können. Die Zellen im Labor der TissUse GmbH lassen sich nicht auf den Menschen zurückführen, von dem sie kommen – der Datenschutz ist auch auf diesem Gebiet streng geregelt. Eine andere Möglichkeit ist die Gewinnung von Stammzellen beispielsweise aus Blutproben von Erwachsenen. Diese können verschiedene Organzellen bilden, mit denen individualisierte Chips hergestellt werden können, um so vorherzusagen, wie ein Individuum auf Medikamente oder Behandlungen reagiert, ohne es direkt am Menschen testen zu müssen. Ein solches Szenario sei aber noch Zukunftsmusik, da die Methodik noch nicht ganz ausgereift sei.
Der Human-on-a-chip könnte für alle Branchen interessant sein, in denen die Sicherheit neuer Stoffe bewiesen werden muss, immer dann, wenn es um den Einfluss auf Menschen geht. Besonderes Potenzial bietet die Medikamentenherstellung, die derzeit noch sehr ineffizient abläuft, wie Horland findet. Hier könne ein Paradigmenwechsel stattfinden und damit Zeit und Kosten eingespart werden. Die klare Firmenethik verbietet eine Zusammenarbeit mit militärischen Einrichtungen. In den USA werde die Forschung mit den Multi-Organ-Chips dagegen schon für defensive Aspekte vom Militär gefördert. Der Weddinger Firma geht es mit ihrer Arbeit darum, Menschen zu schützen, die in klinischen Studien häufig Risiken ausgesetzt sind. Außerdem sollen Tierversuche mit der Chip-Methode drastisch verringert oder sogar ganz ersetzt werden.
Autor:Luise Giggel aus Wedding |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.