Pferde, Räder und die Stones: Trabrennbahn Weißensee war ein Publikumsmagnet
Rennbahnstraße: Der Name lässt es schon erahnen. Hier müssen einst Rennen gefahren worden sein. Dass es zunächst Trabrennen waren, glaubt man heute kaum.
Die Straße hieß ursprünglich Heinersdorfer Weg und dann Heinersdorfer Straße. Im Jahre 1878 erhielt sie ihren heutigen Namen. Anlass war der offizielle Beginn des Rennbetriebes auf einem etwa 22,5 Hektar großen Gelände an dieser Straße.
Der Berliner Traber-Club hatte die Anlage nach englischem Vorbild ab 1877 bauen lassen. Damit besaß man im Vorort der damaligen Reichshauptstadt erstmalig ein exklusives Geläuf. Am Eröffnungstag, dem 16. Juni 1878, und am folgenden Sonntag strömten fast 12 000 Besucher über die staubigen Straßen nach Weißensee. Die stolzen Organisatoren konnten vermelden, dass mit den sechs Rennen bereits am ersten Tag 40 000 Goldmark am Totalisator umgesetzt waren.
Zu einem Clou entwickelte sich das abschließende Droschkenrennen, das für die nächsten 30 Jahre ein Höhepunkt des jeweiligen Renngeschehens war. Die folgenden Jahre brachten dem Traber-Club Niederlagen und Erfolge. Dazu zählte die amtliche Schließung des Totalisators ebenso wie brechend volle Sonderzüge der Pferdebahn, die eigens für die Renntage einen Endpunkt an der Gustav-Adolf-Straße eingerichtet hatte. Wie berichtet wurde, kamen aber auch viele Besucher mit Kutschen oder hoch zu Ross.
Nach den Renntagen suchten die Weißenseer Kinder an jedem folgenden Montag die Bankreihen der Tribünen ab, um herabgefallene Geldstücke aufzusammeln. Nicht selten fand ein Junge dabei mehr Geld, als sein Vater in einer ganzen Woche verdient hatte.
1912 war es mit der Herrlichkeit auf der Trabrennbahn vorbei. Die neue Bahn in Mariendorf zog die Rennen an sich. In Weißensee hingegen zog Tristesse ein. Die Gemeinde Weißensee vermietete das Gelände für den Vereinssport, manchmal auch für Motorradrennen. Auch Volksfeste wurden gefeiert. Später drehten Regisseure dort Monumentalfilme. Danach wurde das Gelände als Flakstellung und Zwangsarbeiterlager genutzt, um nur einige Schlaglichter aus der Geschichte zu nennen.
Aus Trümmerschutt des Stadtzentrums errichteten die Weißenseer Anfang der 50er-Jahre dann eine Radrennbahn auf dem Gelände an der heutigen Rennbahnstraße, Ecke Roelckestraße. 1955 wurde sie eingeweiht. Der Rundkurs betrug 333 Meter. Die Erfolge der DDR-Sportler bei der Internationalen Friedensfahrt machten den Radsport in Ost-Berlin immer beliebter. Doch wegen baulicher Mängel war auch die Zeit der Radrennen bald vorbei.
Noch einmal in die Schlagzeilen geriet die Rennbahn Ende der 80er-Jahre, als dort große Rock- und Pop-Konzerte von Stars aus West und Ost stattfanden. Unter anderem zogen Bruce Springsteen, Joe Cocker und die Rolling Stones Zehntausende junge Leute an.
Heute finden auf der Fläche zwar weder Konzerte noch Rennen statt, aber es wird Sport getrieben: Fußball, Tennis, Bogenschießen, Baseball zum Beispiel. Dieses leider beschmierte Relief „Friedensfahrer“ von Siegfried Krepp erinnert noch heute im Eingangsbereich an die frühere Radrennbahn. Der Rundkurs betrug 333 Meter.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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