„Es gibt mehr als einen Zille"
Käthe-Kollwitz-Museum präsentiert Zeichnungen von Heinrich Zille
Heinrich Zille ist bis heute populär. Als „Pinselheinrich“ wurde er mit seinen Zeichnungen aus dem Berliner Milieu bekannt. Doch als „Milljöh-Schilderer“ und Witzblatt-Zeichner hatte es „Vater Zille“ nicht leicht, sich als ein ernstzunehmender Künstler zu behaupten. Das Kollwitz-Museum zeigt Heinrich Zille in einer Sonderausstellung als ernsthaften Künstler.
Schon in den 20er-Jahren hatte das selbstgepflegte Image als Gebrauchs- und Unterhaltungskünstler den Illustrator des „Simplicissimus“ und der „Lustigen Blätter“ eingeholt. Zille war als hervorragender Zeichner so sehr in den Hintergrund geraten, dass seine Berufung an die Akademie der Künste im Jahr 1924 für Überraschung sorgte. Ebenso sorgte die Retrospektive anlässlich seines 70. Geburtstages 1928 für Staunen. Wurde doch ein Künstler präsentiert, den viele so nicht kannten.
Soziales Elend schonungslos dargestellt
Um 1900 war Heinrich Zille erstmals mit Beteiligung an Ausstellungen der Berliner Secession als freischaffender Künstler an die Öffentlichkeit getreten. In seinen Skizzen und Grafiken schildert er schonungslos das soziale Elend seiner Zeit. Viele seiner Arbeiten fanden aber auch den Weg zu Kunstliebhabern.
Ähnliche Themen wie Käthe Kollwitz
Die Ausstellung stellt vor allem Motive in den Mittelpunkt, die sich vergleichbar auch bei Käthe Kollwitz finden. Themen wie Prostitution, Alkoholismus, Arbeitslosigkeit, Armut und schlimme Wohnverhältnisse beschäftigten beide Künstler gleichermaßen. Neben ausgeführten Blättern, die detailliert das Milieu schildern, sind auch kolorierte Arbeiten zu sehen, die die ganze technische Perfektion Zilles dokumentieren. In den schnell hingeworfenen Skizzen wiederum zeigt sich das Können des Zeichners im Erfassen von Formen und Bewegungen.
Käthe Kollwitz hatte Ende der 20er-Jahre über ihren Künstlerkollegen geschrieben: „Es gibt mehr als einen Zille: einen, der die typischen Illustrationen für Witzblätter machte, und daneben einen anderen…“ Dieser andere sei ihr der liebste. „Der ist weder Humorist für Witzblätter noch Satiriker. Er ist restlos Künstler.“
Die Sonderausstellung zeigt über 50 Arbeiten aus einer Berliner Privatsammlung. Darunter sind frühe, aufwendig überarbeitete Druckgrafiken, farbige Radierungen, Farbzeichnungen und Bleistiftskizzen.
Im Frühsommer zieht das Museum um
Das Käthe-Kollwitz-Museum wird im nächsten Frühsommer seinen neuen Standort am Schloss Charlottenburg beziehen. Gegenüber dem Theaterbau in der Sophie-Charlotte-Straße wohnte Heinrich Zille von 1892 bis zu seinem Tod 1929. „Unsere Ausstellung ist daher auch als erste Annäherung an den neuen Standort zu verstehen“, sagt Museumschefin Josephine Gabler.
Die Sonderausstellung ist noch bis 9. Januar im Käthe-Kollwitz-Museum in der Fasanenstraße 24 zu sehen. Geöffnet ist täglich von 9 bis 16 Uhr. Der Eintritt kostet sieben, ermäßigt vier Euro. Weitere Infos zur Ausstellung und zum Begleitprogramm unter www.kaethe-kollwitz.berlin.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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