Geschichten der Verstorbenen erzählen
Die Grabsteine von Steinmetz Daniel Zander bringen den Angehörigen Erinnerungen zurück

Steinmetz Daniel Zander arbeitet in einer Werkstatt neben dem Friedhof Adlershof an individuellen Grabsteinen. Bis zu 400 Werke stellt er jährlich her. | Foto: Philipp Hartmann
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  • Steinmetz Daniel Zander arbeitet in einer Werkstatt neben dem Friedhof Adlershof an individuellen Grabsteinen. Bis zu 400 Werke stellt er jährlich her.
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Teile des Friedhofs Adlershof sind wie eine Open-Air-Galerie von Daniel Zander. Zahlreiche Grabsteine hat der Steinmetz in Handarbeit gestaltet. Auch auf den Friedhöfen in Grünau und Müggelheim befinden sich Werke von ihm.

300 bis 400 Auftragsarbeiten setzt er in jedem Jahr um. Ein Grabstein sei wie eine Visitenkarte, erklärt der 41-Jährige. Es gehe immer darum, sozusagen etwas aus den Menschen „herauszuholen“. Angehörige sollten beim Blick auf den Grabstein nicht nur trauern, sondern sich auch an schöne Erlebnisse erinnern. Sehnsuchtsorte spielten dabei eine wichtige Rolle, erklärt Daniel Zander. Wenn der Verstorbene zum Beispiel gern Urlaub am Meer gemacht hat, könnten entsprechende Motive von Sonne, Strand und Wasser auf dem Grabstein die Erinnerungen zurückholen.

Daniel Zander ist ein leidenschaftlicher Steinmetz und lebt sich gern künstlerisch aus. Hier arbeitet er an einem Grabstein für einen Verstorbenen, der in seiner Freizeit Angler war. | Foto: Philipp Hartmann
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Mit dem Handy hat er all seine Arbeiten fotografiert. Zu jeder einzelnen kann er eine Geschichte erzählen. Für einen verstorbenen Bühnenbildner hat er beispielsweise mal einen Grabstein gehauen, der wie eine Bühne mit einem Vorhang aussieht. Eine ganze Berglandschaft inklusive Eisenbahnbrücke und Zug brachte er auf einem Stein auf, der an einen großen Fan von Modellbahnen erinnert. Einen anderen Stein verzierte er auf Wunsch mit dem berühmten Band-Logo der „Rolling Stones“: der ausgestreckten Zunge. Und zum Gedenken an einen Verstorbenen, der besonders gern gelesen hat, gab er einem Stein die Form eines Bücherregals.

Eine künstlerische Ader hat Daniel Zander schon immer gehabt. In der Jugend habe er mal ein Praktikum bei einer Zeitung gemacht, wo er mit seinen Karikaturen zu begeistern wusste. „Ich wollte eigentlich Grafikdesigner werden, habe schon immer gerne gezeichnet“, erzählt er. Diese Fähigkeiten nutzt er täglich in seinem Beruf als Steinmetz, wo er alle Schriften und Motive von Hand zeichnet und anschließend aus dem Rohmaterial herausarbeitet. „Ich arbeite vorwiegend mit Sandstein. Der sieht nicht so düster aus und man kann schöne bildhauerische Sachen daraus machen.“ Auch Farben kommen mehr und mehr zum Einsatz. So bemalt er mit dem Pinsel manche Motive, die Kunden bei ihm bestellen. Ein Großteil der Steine kommt laut Zander aus dem Himalaya-Gebirge. Dort befinde sich das Hauptabbaugebiet. Auch aus Skandinavien komme Material für Grabsteine. Aufgrund von Lieferengpässen dauere es aktuell aber sechs Monate statt normalerweise vier Wochen, bis eine Lieferung aus dem Himalaya in Berlin ankomme.

Fast den ganzen Tag arbeitet Daniel Zander allein in der Werkstatt. Beim Treffen mit der Berliner Woche war er gerade dabei, mit dem Sandstrahler einen Familienstammbaum auf einem Grabstein zu verewigen. | Foto: Philipp Hartmann
  • Fast den ganzen Tag arbeitet Daniel Zander allein in der Werkstatt. Beim Treffen mit der Berliner Woche war er gerade dabei, mit dem Sandstrahler einen Familienstammbaum auf einem Grabstein zu verewigen.
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Geweckt wurde seine Leidenschaft für seinen heutigen Beruf schon früh. Als kleiner Junge habe er bei einem Spaziergang mit seinen Eltern mal einen umgestalteten Findling gesehen, der interessant aussah und ihn faszinierte. Jahre später machte er bei einem Betrieb in Weißensee eine dreijährige Lehre zum Steinmetz, die er im Jahr 2000 abschloss. „Ich wusste nicht genau, was da auf mich zukommt“, gibt er zu. Von einem „sehr alten Meister“ habe er viel lernen können. Nachdem er anschließend jahrelang als Wandergeselle Einzelaufträge in verschiedenen Ländern umsetzte, entschied er sich seiner Freundin zuliebe irgendwann, sesshaft zu werden.

Seit vier Jahren nun arbeitet er für die Grana Steinmetzhütte GmbH am Friedhof Adlershof. Wenn er über das Areal läuft, kommt er an vielen seiner Werke vorbei. Viele Angehörige sind dankbar über die Ergebnisse und grüßen ihn. Manchmal bekommt er sogar kleine Geschenke wie gerahmte Fotos von den fertigen Grabstätten.

Auf dem Friedhof Adlershof finden sich zahlreiche Grabsteine, die Daniel Zander selbst gestaltet hat. Zu jeder Arbeit kann er eine Geschichte erzählen. | Foto: Philipp Hartmann
  • Auf dem Friedhof Adlershof finden sich zahlreiche Grabsteine, die Daniel Zander selbst gestaltet hat. Zu jeder Arbeit kann er eine Geschichte erzählen.
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Dass er permanent mit der Trauer konfrontiert wird, sei für ihn am Anfang des Berufslebens schwierig gewesen. „Da ist man sehr traurig nach Hause gegangen“, blickt er zurück. Er habe jedoch im Laufe der Zeit gelernt, Schicksale nicht mehr an sich heranzulassen. Nicht recht gelungen ist ihm dies vor zwei Jahren, als ein Paar einen Grabstein bei ihm in Auftrag gab. Die Frau war schwanger und wusste bereits, dass ihr Baby eine Totgeburt wird. Dass der Grabstein an genau dieses Kind erinnern sollte, habe er erst später verstanden. „Das war schlimm zu hören, gerade wenn man selbst ein Kind hat.“ Auch für eigene Familienmitglieder, darunter sein Opa und sein Onkel, hat Daniel Zander schon Grabsteine gestaltet. Zum Trauern sei er dabei aber nicht gekommen, weil er komplett in seine Arbeit vertieft war.

Warum ihm sein Job Freude macht, beantwortet Daniel Zander so: „Man kann von der Zeichnung bis zum fertigen Werk alles allein machen. Das ist das Schöne.“

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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