„Ich kenne kein Tabu“
Moritz Russ studiert an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch
Für Moritz Russ hat sich in diesem Jahr ein Traum erfüllt. Seit Anfang April studiert der 21 Jahre alte Adlershofer Schauspiel an der renommierten Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Mitte. Von rund 1200 Bewerbern war er einer von nur 22, die für diesen Jahrgang ausgewählt wurden.
„Dass ich da studieren darf, ist für mich wirklich eine Ehre“, sagt er beinahe ehrfürchtig beim Treffen vor dem Forum Adlershof. Schließlich hat nicht nur eines seiner Vorbilder, Lars Eidinger, an der „Ernst Busch“ studiert. Auch etliche andere deutsche Schauspielgrößen haben die Hochschule besucht, wenn auch nicht alle ihr Studium dort auch abgeschlossen haben. Darunter befinden sich Fritzi Haberlandt, Devid Striesow, Nina Hoss, Jan Josef Liefers, Henry Hübchen, Corinna Harfouch, Karoline Herfurth, Matthias Schweighöfer, Simone Thomalla, August Diehl und viele mehr.
Die Hochschule hat einen so guten Ruf, dass die Studenten bereits während ihres Studiums immer wieder Anfragen für Engagements bekommen, ohne dass die Interessenten die jungen Talente zuvor auch nur einmal haben spielen sehen. „Im ersten Jahr dürfen wir aber nicht drehen“, verrät Moritz Russ.
Die insgesamt acht Semester sind ohnehin eng getaktet. So stehen auf dem Studienplan unter anderem Fechten, Steppen, Theatergeschichte, Musik, Singen, Sprecherziehung, Tanz, Yoga und viermal die Woche Grundlagen des Schauspiels. „Es ist toll, die Möglichkeit zu haben, mal alles auszuprobieren“, erzählt er. Einmal hätten sie sich bei einer Übung in Tiere hineinversetzen müssen. Dabei habe er ein Eichhörnchen und einen T-Rex gespielt. Jede Rolle sei eine Herausforderung. Immer könne er etwas Neues lernen. Die Tage sind allerdings sehr lang. Um 6 Uhr geht es meistens los. Vor 21 Uhr ist er auch wegen des langen Fahrtwegs nur selten zu Hause. Das stört ihn jedoch nicht, denn dieses Studium ist genau das, was er unbedingt wollte.
An keiner anderen Hochschule hat er sich beworben, alles auf diese Karte gesetzt. „Das war sicher ein bisschen naiv“, gibt er zu, doch es hat funktioniert. Beim Vorspielen sei er nach nur 30 Sekunden unterbrochen worden. Diese kurze Zeit habe gereicht, um zu überzeugen. Seine Mentorin Antje Weber habe ihm gesagt, er stelle einfach die Begeisterung am Schauspiel zur Schau. Die Professorin hat zuvor bereits Felix Kammerer betreut, der die Hauptrolle im Film „Im Westen nichts Neues“ spielte, der dieses Jahr vier Oscars gewann und damit erfolgsreichster deutscher Film aller Zeiten in Hollywood wurde. Seine Mentorin begleitet seinen Werdegang während des Studiums und ist immer an seiner Seite, wenn er irgendwo ein Vorsprechen hat.
„Privat finde ich mich völlig uninteressant“, sagt Moritz Russ, der sich gern elegant in Schwarz kleidet und sich auch mal die Fingernägel lackiert, über sich selbst. Er sei eher ruhig, zurückhaltend und gern für sich allein. Im Schauspielberuf aber könne er alles sein – und auf der Bühne werde er auch richtig laut. „Diese Abwechslung, der Spaß, der Ehrgeiz, die Bandbreite an Emotionen kenne ich aus anderen Berufen nicht so.“ Dankbar ist der 21-Jährige noch heute einer Vertretungslehrerin, die er in der Schule mal für kurze Zeit hatte. Sie erkannte, welches Talent in dem introvertierten Jungen steckt, und vermittelte ihn später an die Agentur „Stimmgerecht“. So kam es, dass Moritz Russ schon in jungen Jahren zahlreiche Aufträge als Synchronsprecher erhielt, bei Produktionen wie „The Big Bang Theory“, „The Dark Knight Rises“, „Tatort“, „Wer ist Hanna?“ oder als „Pinocchio“ für die gleichnamige ARD-Neuverfilmung mit Mario Adorf und Anke Engelke von 2013.
Nach Ausbruch der Corona-Pandemie konnte Moritz Russ, der in Adlershof aufgewachsen ist und noch heute dort wohnt, mit „solidarischen Kurzfilmpremieren“ Aufmerksamkeit erzielen. Damit verschaffte er dem kleinen Kino Casablanca Einnahmen in einer schwierigen Zeit und durfte dafür Filme, die er selbst mit einem Team anderer junger Kreativer produziert hatte, vor Publikum auf großer Leinwand zeigen. Mit diesem Kollektiv habe er etwa 300 Projekte durchgeführt, darunter Hörspiele, Lesungen, Filme und Musikvideos. „Ich war immer Autodidakt.“
In einem Spielfilm hat er bis jetzt noch nicht mitgewirkt, doch ohnehin scheint ihn das Theater aufgrund des engen Kontakts mit den Zuschauern ein wenig mehr zu reizen. Zu seinen Zielen gehört, einmal Hamlet und Richard III. auf der Bühne zu sein. Ein Wunsch ist zudem, im Tatort als Bösewicht oder auch als Kommissar mitzuspielen. „Ich kenne kein Tabu“, betont Moritz Russ. Er würde auch nackt auf die Bühne gehen. Wenn es der Figur, dem Stück oder dem Film etwas bringe, „dann mache ich das auch“. Wer seinen Werdegang verfolgen möchte, findet mehr über ihn auf Instagram (@moritzruss). Dort gibt er regelmäßig Einblicke in seinen Alltag an der Schauspielschule. „Ich fotografiere alles, was ich darf. Bei mir ist jeden Tag Tag der offenen Tür.“
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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