Plattenbauruinen sollen neuen Wohnungen weichen
Ehemalige Vertragsarbeitersiedlung wird urbanes Quartier der kurzen Wege

Sie stehen seit 1994 leer: Die Gebäude der ehemaligen Vertragsarbeitersiedlung auf den Grundstücken an der Gehrenseestraße, Wartenberger Straße, Hauptstraße und Wollenberger Straße. | Foto: Bernd Wähner
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  • Sie stehen seit 1994 leer: Die Gebäude der ehemaligen Vertragsarbeitersiedlung auf den Grundstücken an der Gehrenseestraße, Wartenberger Straße, Hauptstraße und Wollenberger Straße.
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Die ehemalige Vertragsarbeitersiedlung an der Gehrenseestraße ist eine der größten Baubrachen der Stadt. „Sie stresst viele Leute, die jeden Tag vorbeikommen“, weiß Stadtentwicklungsstadtrat Kevin Hönicke (SPD). Seit 1994 stehen die neun in den 80er-Jahren errichteten Plattenbauen leer.

"Wenn irgendwo im Norden des Bezirks Nachverdichtungen oder Dachaufstockungen angekündigt werden, sagen die Leute immer: Baut doch erst einmal dort", so der Stadtrat. Im Laufe der Jahre gab es immer wieder potenzielle Investoren. Aber die verabschiedeten sich schnell wieder.

Diesmal soll es tatsächlich was werden. Dafür taten sich der private Investor Belle Epoque Quartier Gehrensee GmbH und die Howoge zusammen. Sie wollen die Gebäude auf der 6,3 Hektar großen Fläche zurückbauen und ein neues Quartier mit dem Arbeitstitel „Gehrenseehöfe“ entwickeln. Vorgesehen ist, dass die Howoge etwa 440 Wohnungen und Belle Epoque etwa 600 Wohnungen bauen. Weiterhin sind zwei Kitas, eine Grundschule sowie Flächen für Gewerbe und Kultur geplant. Das Quartier soll so ausgestattet werden, dass fast alles, was man zum Leben braucht, dort zu finden ist, inklusive medizinischer Versorgung.

„Wir errichten ein urbanes Gebiet der kurzen Wege“ fasst Torsten Nehls, Geschäftsführer der Belle Epoque Quartier Gehrensee GmbH zusammen. Das Quartier soll sieben bis acht Zugänge von den umliegenden Straßen aus erhalten. Die Wohngebäude, die überwiegend zwischen fünf und acht Geschossen hoch sind, werden so angeordnete, dass sie begrünte und gestaltete Höfe umschließen. Mittels Tiefgaragen sowie Mobilitäts-Hubs soll Autoverkehr aus dem Quartier herausgehalten werden.

Geplant ist, die abgetragenen Betonplatten nicht etwa zu entsorgen. Nach Schweizer Vorbild, wo man damit sehr gute Erfahrungen machte, sollen die neuen Häuser mit Recyclingbeton entstehen. Die geschredderten Platten werden für das Vorhaben im Sinne eines ökologischen Stoffkreislaufs wiederverwendet. Im Bezirksamt wird zurzeit an einem Bebauungsplan gearbeitet, berichtet Stadtrat Hönicke. Den Festsetzungsbeschluss für den B-Plan soll es 2022 geben. Ist der gefasst, kann Ende 2022/ Anfang 2023 mit dem Abbruch begonnen werden. 2023 könnten die Bauanträge gestellt werden und wenn alles nach Plan läuft, wäre spätestens 2024 Baubeginn.

Belle Epoque-Geschäftsführer Nehls beauftragte die Berliner Street Art GmbH, sich in den Plattenbauten umzusehen. In den vielen Jahren des Leerstands nutzten nämlich zahlreiche, inzwischen renommierte Graffiti-Künstler die kahlen Betonwände, um an ihnen zu üben oder um tatsächlich Kunstwerke zu hinterlassen. Das Team um Street-Art-Geschäftsführerin Dr. Diana Marossek erfasste alle Graffiti in allen Etagen und dokumentierte sie auf sage und schreibe 600 Seiten.

Weil die Berliner Street Art GmbH fast alle 3500 Künstler der Berliner Graffitiszene kennt, konnten fast alle Graffiti auch den jeweiligen Künstlern zugeordnet werden. „Die meisten entstanden zwischen 1992 und 2017“, berichtet Diana Marossek. „Wir schätzen ein, dass etwa 40 Kunstwerke so wertvoll sind, dass sie erhaltenswert sind.“ Angedacht ist, sie aus den Wänden herauszuschneiden, zwischenzulagern und in die neuen Häuser zu integrieren. Überlegt wird außerdem, die Gebäude bis zum Abriss temporär zu nutzen, damit weitere Kunstwerke entstehen können. Daraus könnte ein Event werden, das Alt-Hohenschönhausen berlinweit und international in den Fokus künstlerisch interessierter Menschen rückt. Dazu bedarf es Sponsoren. Mit ersten sei man im Gespräch, berichtet Diana Marossek.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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