Motivsuche an vergessenen Orten
Agentur go2know führt Hobbyfotografen unter anderem in die Stasiklinik

Andreas Böttger im OP-Saal des Stasi-Haftkrankenhauses. | Foto:  Dirk Jericho
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  • Andreas Böttger im OP-Saal des Stasi-Haftkrankenhauses.
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Alte Ruinen, stillgelegte Fabrikhallen und andere vergessene Orte – sogenannte Lost Places üben eine besondere Faszination aus. Die Berliner Agentur go2know nimmt Hobbyfotografen jetzt auch mit ins Stasi-Haftkrankenhaus Hohenschönhausen.

Sogar das Licht im Röntgenbildkasten geht noch im Chefarztzimmer des Stasi-Haftkrankenhauses. Die Klinik auf dem Gelände der zentralen Stasi-Untersuchungshaftanstalt Hohenschönhausen war das geheimste Krankenhaus der DDR. Die Ärzte des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) versorgten dort die Schussverletzungen von gefassten Flüchtlingen und machten kranke Häftlinge aus allen 17 Stasi-Untersuchungsgefängnissen der DDR fit für die Vernehmer. Der OP-Saal, in dem die Maueropfer zusammengeflickt wurden, sieht aus wie gerade erst verlassen. Auch der Röntgenraum mit den riesigen Geräten und ein historischer Gynstuhl für die weiblichen Gefangenen – alles noch da. Die Krankenzimmer, in denen immer nur ein Patient untergebracht war, haben schwere Riegel, die Flure Gitter und das Lampen-Führungssystem ist das gleiche wie im Zellentrakt neben der gruseligen Stasiklinik.

Seit Kurzem nimmt Andreas Böttger Hobbyfotografen mit ins Haftkrankenhaus, die dort die bedrückende Stimmung einfangen können. Der geheime Ort ist der neueste Lost Place im Programm des Agenturchefs. Eine gute Gelegenheit, die Knastklinik zu entdecken. Die Gedenkstätte Hohenschönhausen bietet eher selten Sonderführungen durch das Krankenhaus. „Auf dieser Fototour haben wir immer einen Zeitzeugen dabei“, sagt Andreas Böttger. Er konzipiert seine Fototouren immer als Geschichts- und Erlebnistage, wie er sagt. Alle Orte werden vorher genau recherchiert. Die Guides erzählen Anekdoten und historische Hintergründe zu den Orten, bevor sich die Fotografen frei auf Motivjagd begeben. „Die Leute bekommen von uns Gebäudegrundrisse und Übersichten zu lohnenden Motiven“, sagt Böttger. An sensiblen Ort wie dem Stasi-Krankenhaus in der Gedenkstätte Hohenschönhausen sind Selfies, Portraits oder Shootings nicht erlaubt.

Der 46-Jährige ist Mitte der 1990er-Jahre selbst über Zäune in Ruinen gestiegen, weil ihn diese vergessenen Orte fasziniert haben. Doch irgendwann hatte Böttger keine Lust mehr, vor dem Wachschutz zu türmen, und hat aus seiner Leidenschaft ein Geschäft gemacht und vor zwölf Jahren mit seinem Schulfreund Thilo Wiebers die Agentur go2know gegründet.

Orte, die verschwinden

Fototouren zu über 40 Orten hat die Agentur schon organisiert. Zurzeit sind 15 im Programm. Solche Orte sind meistens temporär und verschwinden irgendwann; entweder weil sie verkauft, abgerissen oder saniert werden oder auch mal abbrennen. In den Beelitzer Heilstätten zum Beispiel, einer der beliebtesten verlassenen Orte für Hobbyfotografen, sind heute in vielen Häusern Wohnungen. Beliebt sind auch die Erkundungen in der verbotenen Stadt Wünsdorf, der einst streng geheimen Militärstadt. Kurzzeitig im Programm sind Fotosafaris durch das geschlossene Colosseum an der Schönhauser Allee. „Mit einer halb vollen Speicherkarte ist noch keiner gegangen“, sagt Andreas Böttger über seine „begeisterten Teilnehmer“.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.go2know.de.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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