Friedhofsgeflüster in Berlin Hohenschönhausen
Kennt Ihr diese Ruhe, diese Stille, dieser Hauch von Unberührtheit - die ein Friedhof ausstrahlt?
Es wird geflüstert, denn es schickt sich nicht hier zu lärmen, lachen oder zu rennen. Hier sind wir an dem Ort der „Langsamkeit“ angekommen. An der letzten Ruhe-, Gedenk- oder an der einzigen Begegnungsstätte vieler Vorfahren. Der Friedhof schreibt Geschichte mit seinen Steinen, die ewig leben.
Einer der schönsten Friedhöfe für mich befindet sich mitten in Alt-Hohenschönhausen – in meinem Kiez.
Direkt an der Konrad-Wolf-Straße liegt der katholische Friedhof St. Hedwig und St. Pius.
Hier gibt es das Friedhofsgeflüster….
Ich bin gespannt, was der Name verspricht. Ein kleines vom Kiezfonds Lichtenberg finanziertes Projekt, zwei nette Damen sowie ein Golfcar erwarten mich hier….
Gemeinsam mit der Friedhofsverwaltung hat Fabian Behling von „Der Gute Pol“ und Juliana Wiencek, Sozialarbeiterin der Pfarrei Heilig Kreuz wurde das Geflüster hier ins Leben gerufen.
„Wir suchen Menschen, die etwas für Menschen tun!“
Der Friedhof ist eine Begegnungsstätte für Menschen, die trauern, einsam, allein und still sind. „Gemeinsam wollen wir diesen Ort neu denken, einen lebendigen Austausch fördern und einen Raum der Begegnung schaffen,“ meint Fabian Behling.
Geflüstert wird aber auch über die Dinge, die hier auf dem Friedhof normal sind. Wie will ich beerdigt werden? Wer hat das älteste Grab hier? Wo ist die schönste Stelle zum Verweilen? Wie sind die Menschen gestorben?
So erfahre ich bei dem Geflüster auf dem Friedhof, dass hier ein berühmter DDR-Schauspieler begraben ist, dass vor kurzem der Flugausbilder von Sigmund Jähn hier war oder dass es am Ende des Friedhofs eine riesige Gedenkstätte von Gefallenen aus dem Krieg gibt und hier noch jemand Blumen ablegt. Viel interessanter finde ich, dass hier sogar schon Theaterproben stattgefunden haben.
Christine und Daniela engagieren sich ehrenamtlich beim Friedhofsgeflüster und wurden durch Oskar, der Freiwilligenagentur Lichtenberg auf das Projekt aufmerksam. Sie sprechen die Menschen auf dem Friedhof an, laden sie auf eine Tasse Kaffee ein, flüstern gemeinsam, reden, tauschen sich aus oder stehen ihnen einfach bei.
Mit dem Golfcar werde ich über den Friedhof gefahren und mir werden Orte gezeigt, die
am 19. September, dem „Tag des Friedhofs“ eine besondere Rolle spielen. So die Kapelle, deren Innenraum sehr liebevoll gestaltet wurde und in der eine Lesung stattfinden wird.
Beeindruckend sind auch die Kriegsgräber, einen verwunschenen Ort der Ruhe, an dem Szenen aus dem Märchen „Das kalte Herz“ gespielt werden.
Wer mehr über diesen Tag erfahren möchte, dem empfehle ich am 19.09.2021 von 14:00-18:00 Uhr – den Tag des Friedhofs – auf dem Friedhof St. Hedwig und St. Pius zum „Friedhofsgeflüster Spezial“ zu gehen. Hier wird nicht nur geflüstert und vorgelesen, sondern richtig Theater gespielt. Die Theatergruppe „grenzenlos barrierefrei“ und verschiedene Autoren von „Die Altersweisen/SchreibArt e.V.“ sorgen für angenehme Unterhaltung.
Autor:Sandra Kirsten aus Alt-Hohenschönhausen |
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