Seit 100 Jahren einflussreich
Mies van der Rohe Haus feiert Bauhaus-Jubiläum - über Ausstellungen und japanische Ableger

Mies-van-der-Rohe-Haus-Leiterin Wita Noack blickt zuversichtlich auf das Jubiläumsjahr. | Foto: Berit Müller
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Die berühmteste Kunstschule des 20. Jahrhunderts, das Bauhaus, feiert 2019 ihren 100. Geburtstag. Bundesweit gibt es zahlreiche Veranstaltungen zum Jubiläum. Ein Schauplatz der Feierlichkeiten ist das Mies van der Rohe Haus in Alt-Hohenschönhausen – das einzige authentische Bauhaus-Gebäude in ganz Berlin.

Genau 100 Jahre ist es her, seit das Bauhaus begann, moderne Formen zu entdecken – nicht nur für Kunst und Architektur, sondern auch für Handwerk, Kunstgewerbe und den Alltag. Im Jahr 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet, 1925 nach Dessau umgezogen und 1933 in Berlin unter den Nationalsozialisten geschlossen, bestand die Kunstschule zwar nur 14 Jahre. Dennoch gilt das Bauhaus bis heute und weltweit als Heimstätte einer stilistischen Avantgarde in der Klassischen Moderne.

„Das Bauhaus ist von oben bis unten erforscht und dennoch schwer zu fassen“, sagt Wita Noack, Leiterin des Mies van der Rohe Hauses. „Wir sehen es deshalb als unsere Hauptaufgabe an, hier die Idee der Moderne zu vermitteln, und zwar nicht elitär, sondern für die Allgemeinheit.“ Das Mies van der Rohe Haus in der Oberseestraße 60 ist heute eine Mischung aus kommunalem Museum und Galerie.

Immer noch anziehend

Architekt Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969) entwarf das Gebäude 1932 als „Landhaus Lemke“ für ein Berliner Ehepaar. Er war zu dieser Zeit dritter und letzter Direktor am Bauhaus. Einen Teil der Möblierung steuerte seine Lebensgefährtin bei: die Leiterin der Ausbauabteilung an der Kunstschule, Lilly Reich. Für van der Rohes Studenten im Architekturunterricht war der schlichte, im Grundriss L-förmige Flachbau ein willkommenes Studienobjekt. Und noch immer wirkt das Backsteinhaus mit seinen riesigen, auf Garten und See ausgerichteten Fenstern anregend für Architekten, Künstler und Gestalter.

2017 besuchten über 18 000 Gäste aus aller Welt das Mies van der Rohe Haus, es zählt damit zu Lichtenbergs Besuchermagneten. „Wir sind stolz, dass dieses Architekturdenkmal unsere kommunale Kulturlandschaft bereichert“, schwärmt Bürgermeister Michael Grunst (Die Linke). „Die steigenden Besucherzahlen zeugen vom großen Interesse – über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus.“

Herausforderung Besucheransturm

Diese Attraktivität ist es aber auch, die das Haus allmählich an seine Kapazitätsgrenzen bringt. Schon seit längerer Zeit wird im Bezirk über den Bau eines Besucherzentrums auf dem Grundstück am Obersee nachgedacht, konkret ist bislang noch nichts. „Das größte Thema ist die Vereinbarkeit mit dem Denkmalschutz“, so Grunst, der auch das Kulturressort leitet. „Ausnahmsweise geht es mal nicht ums Geld.“ Er hofft, dass die Verhandlungen nun rasch voranschreiten, sodass noch in diesem Jahr ein Wettbewerbsverfahren fürs Neubauprojekt starten kann.

Erst einmal feiert das Mies van der Rohe Haus „100 Jahre Bauhaus“ – mit vier Ausstellungen, einem Forschungsprojekt und einem Sommerfest am 30. Juni. Das Jahresthema lautet „Avanti-Avanti 100.“ Am Sonntag, 27. Januar, um 14 Uhr eröffnet die erste Ausstellung mit dem Titel „Beglückung der Welt“. Der deutsche Künstler Joachim Grommek, sein niederländischer Kollege Jan van der Ploeg und die US-Künstlerin Jill Baroff schauen als Vertreter der jeweils vierten Generation nach den radikalen Strömungen der 1920er-Jahre in den berühmten „Rückspiegel der Moderne“ und zeichnen gleichzeitig ein Bild voller Aktualität. Alle drei vereint eine universelle Formensprache.

Vom 28. April bis zum 7. Juli schließt sich die Ausstellung mit dem Titel „Weiße Kiste“ an. Zu sehen sind Arbeiten des deutschen Bildhauers Thomas Rentmeister, der japanischen Papierkünstlerin Rakuko Naito und des zeitgenössischen französischen Künstlers, Dichters und Kunstwissenschaftlers Michel Verjux. Um „Neuheiten und Rezepte“ geht es vom 21. Juli bis zum 29. September, dann mit Kunstwerken von Daniel Buren aus Frankreich, Günther Fruhtrunk und Sabine Boehl aus Deutschland. Den Jahresabschluss bildet die Schau „Bewegung als Traum“ vom 13. Oktober bis zum 22. Dezember. IIyia und Emilia Kabakow, Maler und Konzeptkünstler aus den USA, sowie das deutsche Skulpturen-Künstlerduo Heike Mutter und Ulrich Genth zeigen ausgewählte Werke.

Wie das Bauhaus nach Japan kam

Nicht zu vergessen ist das Forschungsprojekt „Michiko Yamawaki. Das Bauhaus in Japan“, das vom Auswärtigen Amt gefördert wird. Die deutsch-japanische Künstlerin, Designerin und Wissenschaftlerin Mariko Takagi realisiert dieses Projekt am Mies van der Rohe Haus. Hintergrund: Am Bauhaus studierten zwischen 1927 und 1933 vier Frauen und Männer aus Japan, darunter das Ehepaar Iwao und Michiko Yamawaki. Michiko war erst 20 Jahre jung, als sie ihren Mann nach Dessau begleitete. Als das Bauhaus Dessau 1932 von den Nazis geschlossen wurde, kehrten beide nach Japan zurück. Über die japanischen Bauhaus-Vertreter ist außerhalb ihrer Heimat nur wenig bekannt. Die meisten Publikationen über ihr Wirken liegen nur in japanischer Sprache vor. Zudem fehlen Veröffentlichungen, die sich mit dem Thema „das Erbe des Bauhauses in Japan“ befassen. Das Mies van der Rohe Haus widmet sein Projekt der Bauhaus-Botschafterin in Japan – Michiko Yamawaki.

Geöffnet ist das Mies van der Rohe Haus in der Oberseestraße 60 dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. Regelmäßig sind Kuratoren-Rundgänge und die Sonntagsführungen „mies verstehen“ im Angebot. Ausführliche Termin-Infos gibt es unter 97 00 06 und www.miesvanderrohehaus.de.

Mies-van-der-Rohe-Haus-Leiterin Wita Noack blickt zuversichtlich auf das Jubiläumsjahr. | Foto: Berit Müller
L-förmig, funktional, schlicht und schön: Das Mies van der Rohe Haus am Obersee ist das einzige authentische Wohnhaus im Bauhaus-Stil in Berlin. | Foto: Berit Müller
Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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