Erinnerung in Stein
Wie eine Synagoge aus der Konrad-Wolf-Straße verschwand

In der Konrad-Wolf-Straße, schräg gegenüber vom Sportforum, steht der Gedenkstein. Er erinnert an die Synagoge, die sich dort vor dem Zweiten Weltkrieg befand. | Foto: Berit Müller
  • In der Konrad-Wolf-Straße, schräg gegenüber vom Sportforum, steht der Gedenkstein. Er erinnert an die Synagoge, die sich dort vor dem Zweiten Weltkrieg befand.
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Auch in Hohenschönhausen gab es vor dem Zweiten Weltkrieg eine jüdische Gemeinde, die aber – im Vergleich zu Schöneberg etwa – recht überschaubar war. Eine eigene Synagoge hatte sie dennoch, wenn auch nur für kurze Zeit. Sie stand an der heutigen Konrad-Wolf-Straße.

Gegenüber dem Sportforum, zwischen Autohaus und Apotheke, führt ein schmaler Weg durch eine hübsche Grünanlage samt Kinderspielplatz. Kaum jemand, der dort entlang spaziert, nimmt Notiz von einem Gedenkstein, der, etwas zurückversetzt, auf dem Rasen steht. Und nur wer näher tritt, kann darauf einen Schriftzug erkennen. Wenige Worte erinnern daran, dass an diesem Ort einmal ein Haus stand. Nicht irgendeines, sondern ein jüdisches Gotteshaus.

Rückblick: Als die Nationalsozialisten begannen, die Juden zu verfolgen, wandelte die schon im 19. Jahrhundert entstandene jüdische Gemeinde Hohenschönhausen ihren Betraum in eine Synagoge um. 1935 wurde das kleine Gotteshaus in einem Hinterhof an der damaligen Berliner Straße geweiht. Doch bereits 1938 musste sich die Gemeinde zurückziehen, die Verfolgung und Verhaftung jüdischer Berliner nahm furchtbare Ausmaße an. Die Mitglieder der Hohenschönhausener Gemeinde, die nicht rechtzeitig emigrieren konnten, wurden in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert.

Lange vergessen

Der Zweite Weltkrieg hinterließ auch an der Berliner Straße massiven Zerstörungen. Dass sich in der heutigen Konrad-Wolf-Straße 91–92 – seit 1985 heißt der Verkehrsweg so – einst eine Synagoge befand, geriet bald in Vergessenheit. Erst durch die Forschungen zur jüdischen Geschichte, die in den 1990er-Jahren mit der Ausstellung „Juden in Weißensee und Hohenschönhausen“ im Heimatmuseum des Nachbarbezirks an die Öffentlichkeit gelangten, kam auch die Synagoge wieder in Erinnerung.

Aus Anlass des 100. Geburtstag von Victor Aronstein entstand zudem die Broschüre „Juden in Hohenschönhausen. Eine Spurensuche“. Aronstein war ein deutscher Arzt jüdischer Herkunft. Er führte von 1933 bis 1938 eine Praxis in Hohenschönhausen, wo er überaus beliebt und anerkannt war. Der Mediziner wurde 1941 deportiert und 1945 in Auschwitz ermordet.

Denkmal seit 2000

Zum 51. Jahrestag der Novemberpogrome kam im Vorfusionsbezirk Hohenschönhausen die Idee auf, am vergessenen Ort der Synagoge einen Gedenkstein zu errichten: Lichtenbergs damaliger Bürgermeister Wolfram Friedersdorff (Die Linke) und seine Hohenschönhausener Kollegin Bärbel Grygier (parteilos für Die Linke) enthüllten den Stein samt aufgesetzter gusseiserner Tafel gemeinsam am 19. April 2000.

An der Feierstunde nahm auch der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Andreas Nachama, teil. Den Gedenkstein finanzierte das Bezirksamt Hohenschönhausen, für die Tafel spendeten Geschäfts- und Privatleute. Am Jahrestag des Pogroms, dem 9. November, finden in der Konrad-Wolf-Straße 91–92 um 17.30 Uhr Kranzniederlegungen statt.

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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