Rechtsanwalt Achim Feiertag aus Berlin im Interview – die wichtigsten Informationen über E-Scooter im Verkehrsrecht
Vier Jahre ist es nun schon her, seit E-Scooter im Zuge der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eFKV) 2019 in Deutschland zugelassen wurden. Seitdem sind sie vor allem in Großstädten an nahezu jeder Straßenecke anzutreffen. Doch auch, wenn sie vor allem in Städten wie Berlin bereits so weit verbreitet sind, gibt es noch immer Unsicherheiten über die gesetzlichen Rahmenbedingungen bei ihrer Nutzung. Diese betreffen etwa die Verkehrstauglichkeit, die Geschwindigkeitsbegrenzungen und das Fahren unter Alkohol- und Cannabis-Einfluss. Achim Feiertag ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und kennt sich bestens mit dem Thema aus. In diesem Artikel klärt er zu den wichtigsten Fragen auf.
Herr Feiertag, lassen Sie uns über die rechtlichen Besonderheiten beim Fahren von E-Scootern sprechen. Welche Voraussetzungen müssen die verschiedenen Modelle erfüllen, um als verkehrstauglich zu gelten?
Achim Feiertag: Grundvoraussetzung für das Führen eines E-Scooters ist zunächst einmal die Allgemeine Betriebserlaubnis. Dieser Faktor ist eher für all diejenigen relevant, die sich selbst einen E-Scooter kaufen. Hier spielen etwa Vorgaben wie die Maximalgeschwindigkeit von 20 km/h, ein maximales Gewicht von 55 kg, eine der Europäischen Norm entsprechende Batterietechnik (DIN EN 15194) und zwei unabhängige Bremsen mit einem Mindestverzögerungswert von 3,5 m/s². Darüber hinaus sind Maximalabmessungen von 70 x 140 x 200 cm, eine aus Vorder- und Rücklicht bestehende Lichtanlage inklusive Reflektoren sowie eine helltönende Klingel vorgeschrieben.
Welche Vorgaben gibt es auf Fahrerseite? Wer darf einen E-Scooter führen?
Achim Feiertag: § 3 eFKV sieht eine Nutzung von E-Rollern ab 14 Jahren vor. Eine Fahrerlaubnis ist nicht erforderlich.
Eine Sache ist allerdings zu beachten. Besteht gegen einen Autofahrer ein allgemeines Fahrverbot, ist dieser auch nicht berechtigt, einen E-Scooter zu führen. Diese zählen anders als Fahrräder nämlich als Kraftfahrzeuge. Wurde dem Betroffenen die Fahrerlaubnis hingegen komplett entzogen, ist die Nutzung eines E-Scooters weiterhin möglich, da keine Fahrerlaubnis benötigt wird.
Wo darf man mit seinem E-Scooter fahren?
Achim Feiertag: Hier gelten die Verkehrsregeln für nicht motorisierte Zweiräder. Grundsätzlich darf man mit E-Scootern nur auf Radwegen bzw. Radfahrstreifen fahren. Ein Befahren der Straße ist nur erlaubt, wenn kein Radweg vorhanden ist.
Außerhalb von Ortschaften darf man mit einem E-Scooter auf Seitenstreifen fahren. Das Fahren auf Fußgängerwegen ist unzulässig, sofern es keine Schilder mit der Aufschrift „Elektrokleinstfahrzeuge frei“ gibt.
Beim Parken gibt es noch Unsicherheiten. Auch hier sind aber dieselben Regeln wie bei Fahrrädern gültig. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, E-Scooter auf Gehwegen abzustellen. Es ist aber darauf zu achten, dass keine anderen Verkehrsteilnehmer behindert werden.
Im Zusammenhang mit E-Scootern wird oft auch über Promillegrenzen gesprochen. Welche Regelungen gibt es hier?
Achim Feiertag: Der Gesetzgeber sieht dieselben Grenzwerte vor wie für Pkw-Fahrer, nämlich 0,5 Promille. Wenn man dagegen verstößt, kann das zu schwerwiegenden finanziellen Konsequenzen führen. Bei einem Blutalkoholgehalt von 0,5 bis 1,09 Promille ohne auffälliges Verhalten wird eine Ordnungswidrigkeit festgestellt, die mit 500 Euro, zwei Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot geahndet wird. Eine Scooter-Fahrt mit 1,1 Promille oder mehr gilt als Straftat.
Dabei ist darauf zu achten, dass die Konsequenzen bei alkoholbedingt auffälligem Verhalten noch gravierender ausfallen. Ist man beispielsweise an einem Unfall beteiligt, macht man sich bereits ab 0,3 Promille strafbar. Außerdem kann es dann passieren, dass der Versicherungsschutz nicht greift. Dann wird die Versicherungssumme zwar an den Geschädigten gezahlt, es können aber unter Umständen Regressansprüche in erheblicher Höhe gegen den Verursacher des Unfalls geltend gemacht werden.
Fahranfänger sind grundsätzlich zum nüchternen Fahren verpflichtet. Bis zu ihrem 21. Geburtstag bzw. während der gesamten Probezeit müssen sie auf Alkoholgenuss verzichten.
Wie ist die Rechtslage beim Thema Cannabis?
Achim Feiertag: Die Regeln sind hier so streng wie die für Autofahrer. Bereits eine THC-Konzentration von 1,0 ng/ml ist ausreichend, um ein Fahrverbot zu verhängen. Darüber hinaus droht auch der Entzug der Fahrerlaubnis.
Eine kurze Frage zum Abschluss. Oft sind vor allem junge Menschen zu zweit auf einem Scooter unterwegs. Ist das erlaubt?
Achim Feiertag: Auch in diesem Punkt macht der Gesetzgeber eindeutige Vorgaben. Gem. § 8 eFKV gilt ein Verbot der Personenbeförderung. Das heißt, dass immer nur eine Person auf einem Scooter unterwegs sein darf.
Über Rechtsanwalt Achim H. Feiertag
Die Kanzlei von Verkehrsrechts-Rechtsanwalt Achim Feiertag wurde 2004 in Berlin gegründet. Der Unternehmenssitz ist Berlin Schöneberg. Als erfahrener Anwalt für Verkehrsrecht betreut Achim H. Feiertag seine Mandanten unter anderem in den Bereichen Fahrerlaubnisrecht, MPU, Verkehrsstrafrecht, Verkehrsordnungswidrigkeiten, Fahrtenbuchauflage und Unfallregulierung.
Autor:Hannelore Sendling aus Alt-Hohenschönhausen |
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