Viele interessante Persönlichkeiten anzutreffen
Udo Berndt und Oliver Exner produzieren einen Podcast über den Kungerkiez
„Das Leben ist vor der Tür“, sagt Udo Berndt. Seit vielen Jahren wohnt er im Kungerkiez. Kreuzberg liegt gleich nebenan. Der Treptower Park ist auch nicht weit weg. Spree und Landwehrkanal sorgen für eine kleine Insellage. „Es ist mittlerweile ein wenig bunter geworden, internationaler. Dennoch kennt man viele Menschen hier ein bisschen.“ Das sei in vielen Teilen Berlins anders.
Udo Berndt kennt sich im Kungerkiez sehr gut aus – und inzwischen kennen viele Menschen dort auch ihn. Seit Oktober 2018 lädt der 54-Jährige einmal im Monat zu „UdosKiezQuiz“ in die „Neue Republik Reger“ ein, einem Restaurant, Café und Bar in der Bouchéstraße. Dabei können Anwohner ihr Wissen über den Kiez testen. Das machte auch Oliver Exner (44), der mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern ebenfalls im Kungerkiez zu Hause ist. So lernten sich die beiden Männer kennen. Weil bei den Quizabenden die Teilnehmer immer so viele Geschichten erzählt haben, entwickelten sie zusammen die Idee, diese in einem Podcast festzuhalten.
„Kunger-Kiez-Stories“ wie ein Archiv
Mit „Kunger-Kiez-Stories“ wollen sie ein Zeitgemälde schaffen, ein Archiv. Im besten Falle werde der Podcast auch in 20 Jahren noch gehört, hofft Oliver Exner. Der Wandel im Kiez könnte durch die Erzählungen der Menschen dokumentiert werden. „Ich hätte nicht gedacht, dass mir das so viel Spaß macht“, sagt Udo Berndt. Im Kungerkiez seien einfach so viele interessante Persönlichkeiten zu finden, die auch offen von sich und ihrem Leben in dem Viertel erzählen.
Einmal im Monat wollen sie eine neue Folge herausbringen und dabei junge und ältere Menschen, Frauen und Männer interviewen, um die ganze Bandbreite abzudecken. Geschnitten wird dabei nichts. Das Gespräch, das in lockerer Atmosphäre stattfindet, wird eins zu eins übernommen und ins Netz gestellt. „Anfangs geht es um die Person und ihren Hintergrund, danach um ein Thema aus dem Kiez“, erklärt Udo Berndt. Für die erste Folge trafen sie „Zosch“, einen der Gründer der Wagenburg Lohmühle. Von ihm wollten sie zum Beispiel wissen, wie die Post dort ankommt und wie die Bewohner des Wagendorfs mit der Kälte im Winter zurechtkommen. Eine Liste mit Fragen wird nicht abgearbeitet. Den Gesprächspartnern werden die Themen nicht vorgegeben. Wichtig ist den beiden nur, dass das Gespräch nicht verkrampft, sondern unterhaltsam ist.
Bisher nur positives Feedback
In der zweiten bisher veröffentlichten Folge unterhielten sich Oliver Exner und Udo Berndt mit Tatjana Neu. Sie ist eine der Geschäftsführerinnen der „Neuen Republik Reger“, wo beide zu den Stammgästen zählen. Die 23-Jährige, die in der Corona-Zeit Getränke durchs offene Fenster verkauft, lebt im Gegensatz zu „Zosch“ erst seit zwei Jahren im Kiez. Die Idee zum Podcast gefällt ihr, deswegen sagte sie sofort zu. Absagen haben sich die Podcast-Macher bisher noch keine geholt. Über ihre Social-Media-Kanäle gab es ebenfalls bislang ausschließlich positives Feedback. Aufmerksam auf ihr Projekt machen sie mit Zetteln, die sie im Kiez auslegen, Mundpropaganda und Stickern mit einem QR-Code, der beim Scannen mit dem Smartphone direkt auf die eigens erstellte Webseite führt.
Für Oliver Exner, der sein Geld als selbstständiger Programmierer verdient, war das kein Problem. Er selbst war auch vorher schon ein Fan von Podcasts. „Ich höre Podcasts unheimlich gerne, auch verschiedene Formate“, sagt er. Mit seiner Frau zusammen hat er bereits einen eigenen produziert. Das Paar fährt gern zu Musikfestivals und berichtet von dort in Reportagen über die gemachten Erlebnisse. „Wir konnten dafür auch schon Interviews mit Künstlern wie Thees Uhlmann und Frank Turner machen“, berichtet er. Udo Berndt hingegen hatte mit Podcasts überhaupt keine Erfahrungen. Inzwischen widmet sich der Sozialtherapeut, der beruflich unter anderem Menschen mit Suchtproblemen hilft, jedoch leidenschaftlich seinem neuen Hobby.
Gespräche geben Zusammenhalt
Geld wollen die beiden mit „Kunger-Kiez-Stories“ nicht verdienen. Über Spenden würden sie sich trotzdem freuen. Wie viele Folgen sie aufnehmen wollen, lassen sie offen. Weitere Ideen haben sie aber genug. „Man trifft irre viele Menschen, mit denen man quatscht. Es gibt einen gewissen Zusammenhalt unter den Leuten“, so Oliver Exner.
Wer selbst eine Person aus dem Kungerkiez kennt, die unbedingt im Podcast zu Wort kommen sollte, kann per Mail an info@kunger-kiez-stories.de Vorschläge machen. Zu hören sind die Folgen unter anderem auf www.kunger-kiez-stories.de.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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