Das Magistrats-Kaffeehaus an der Spree
Seit 1822 wird am Spreeufer im heutigen Treptower Park Kaffee, Bier und Brause ausgeschenkt. Das heutige Restaurant „Zenner“ ist allerdings nicht mehr das Original.
Vor 200 Jahren lag Treptow weit vor den Toren Berlins, das Stadtgebiet ging gerade einmal bis zum Schlesischen Tor. Wegen der Lage an der Spree trieb es die Berliner bei schönem Wetter trotzdem hierher. Nachdem Fischer und andere Handwerker früher quasi nebenbei die Ausflügler bewirtet hatten, ließ die Stadt Berlin 1822 ein Magistrats-Kaffeehaus errichten. Die Pläne stammten vom Berliner Stadtbaurat Friedrich Wilhelm Langerhans (1780-1851). Der hat nicht nur auch den Turm der Dorfkirche Stralau errichtet, sondern Anfang des 19. Jahrhunderts Nikolaikirche und Marienkirche saniert. Und ganz nebenbei war er der Großvater von Georg Langerhans, der 1906 als Köpenicker Bürgermeister ungewollt Weltruhm erlangen sollte, nachdem er "Besuch" von einem gewissen Wilhelm Voigt als falschen Hauptmann erhalten hatte..
Den heutigen Namen trägt das Restaurant übrigens nach einem Herrn „Zenner“, der Ende des 19. Jahrhunderts dort Pächter war. Das alte Magistrats-Kaffeehaus ging am Ende des 2. Weltkriegs im Bomben- und Granathagel beim Endkampf um Berlin unter. Zehn Jahre nach Kriegsende öffnete an gleicher Stelle ein neues Restaurant. DDR-Architekt Hermann Henselmann hatte in Anlehnung an die alten Pläne ein klassisches Gartenrestaurant entworfen. Vor drei Jahren hatten wir mit dem damals 91-jährigen Joachim Filzhuth gesprochen, der 1955 als Bauleiter dabei war. Er hatte sogar das Geheimnis des seltsamen Aussichtsturms am Rand der Gaststätte gelöst. Das ist nämlich gar kein Turm, sondern ein aus ästhetischen Gründen gut getarnter Schornstein. Am 1. Mai 1955 war alles fertig, und „Zenner“ öffnete wieder die Pforten.
Heute ist es im Lokal etwas ruhiger geworden, Veranstaltungen finden überwiegend am Wochenende statt. Im Schnellrestaurant im Erdgeschoss kehren vor allem Handwerker und Mitarbeiter aus dem nahen Treptower Rathaus ein. Sobald die Sonne scheint und die Quecksilbersäule steigt, füllt sich jedoch fast wie in guten alten Zeiten der Biergarten mit Blick auf die Spree. Dann sind oft alle 1500 Stühle besetzt und der eine oder andere Spaziergänger muss seine Molle im Stehen oder sitzend auf der Terrassenumrandung zischen.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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