Zwangsversteigerung abgewendet
Wohnungsbaugenossenschaft „Am Ostseeplatz“ kauft Mietshaus in der Karl-Kunger-Straße
Die 38 Mietparteien in der Karl-Kunger-Straße 7 können aufatmen. Das Gebäude aus dem Jahr 1907 wurde von der Wohnungsbaugenossenschaft „Am Ostseeplatz“ gekauft und damit vor der seit Herbst 2022 drohenden Zwangsversteigerung gerettet.
Zum Hintergrund: Durch die Zwangsversteigerung bestand die Gefahr der Zerschlagung der Erbengemeinschaft, der das Haus gehörte. Bei einem Verkauf hätte es zu Mieterhöhungen und damit zur Verdrängung der Bewohner kommen können. Diese wurden aktiv, fragten bei der Genossenschaft als mögliche Erwerberin an und baten darum, die Verhandlungen mit der Eigentümergemeinschaft aufzunehmen, die letztendlich erfolgreich waren.
Dabei spielten die Mieter selbst eine bedeutende Rolle. Sie trugen durch zehn Prozent des Kaufpreises zur Finanzierung bei. Zudem initiierte die Hausgemeinschaft eine Spendenkampagne, durch die weitere Mittel zusammenkamen. Zur Spendenaktion hatte auch die Linke-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung auf gerufen.
Eine Herausforderung für den Erwerb waren außerdem die Finanzierung des bestehenden Rückstaus von Instandhaltungsmaßnahmen und die energetische Ertüchtigung des Hauses. Mit der Unterstützung durch Mittel des Bundes und ein neues Förderprogramm des Landes Berlin können die dringend erforderlichen Sanierungen umgesetzt werden. Gleichzeitig werden die Wohnungen in die Sozialbindung überführt und kommen so gezielt Menschen mit geringem Einkommen zugute.
Die Wohnungsbaugenossenschaft "Am Ostseeplatz" bezeichnet das Engagement der Mieterinnen und Mieter als beispielhaft. „In diesen schwierigen Zeiten waren zudem die Geduld der Erbengemeinschaft sowie die lösungsorientierten Unterstützung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen für den erfolgreichen Erwerb entscheiden“, so die Genossenschaft.“ Stadtentwicklungsstadträtin Claudia Leistner (Bündnis 90/Grüne, die bei den Verhandlungen mit der Eigentümergemeinschaft vermittelte, sagt, die Rettung des Hauses zeige, dass gemeinschaftliches Engagement einen entscheidenden Beitrag dazu leisten könne, den Verlust bezahlbaren Wohnraums zu verhindern.
„Die Bewohner sind jetzt vor willkürlichen, profitorientierten Mieterhöhungen geschützt“, so Uwe Doering, Sprecher für Stadtentwicklung in der BVV-Fraktion der Linken. Aktuell drohe aber dem Mietshaus in der nahen Plesser Straße 6 eine Zwangsversteigerung. Dazu hatte Doering eine Anfrage an das Bezirksamt gestellt. In ihrer Antwort berichtete Stadträtin Leistner, sie habe den Mietern Unterstützung angeboten und versucht, den Eigentümer zu kontaktieren, bisher jedoch vergeblich. Bisher sei das Haus noch nicht ersteigert worden, so Leistner. „Es ist vereinbart worden, dass die Mieter sich nun zunächst intern beraten lassen und dann wieder mit mir Kontakt aufnehmen.“
Der Erfolg in der Karl-Kunger-Straße sei leider die Ausnahme, sagt Uwe Doering. „Noch immer warten wir auf ein Gesetz zur Mietpreisbindung, Mietenstopp oder Vorverkaufsrecht.“
Im Jahr 2018 hatte der Bezirk erstmals in der Karl-Kunger-Straße 15 das Vorverkaufsrecht ausgeübt. Das war möglich, da die Straße in einem Milieuschutzgebiet liegt. In solchen Gebieten konnten die Bezirke bei einem Hausverkauf, mit dem eine Luxussanierung oder die Verwandlung in Eigentumswohnungen drohte, die Immobilie einer kommunalen Wohnungsgesellschaft zum Erwerb übergeben, was einem Schutz vor erhöhten Mieten oder Verdrängung gleichkam. 2021 hat das Bundesverwaltungsgericht das Vorverkaufsrecht allerdings eingeschränkt. Es gilt nur noch für Häuser, die stark sanierungsbedürftig sind oder überwiegend leer stehen.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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