Bühne frei für die Birne
Rafael Kugel will mit seiner Firma Havelwasser geschmacklich überzeugen
„Sie ist eine einheimische Frucht, in Deutschland tief verwurzelt, taucht in vielen Sprichwörtern auf – und ich finde sie auch sehr lecker“, sagt Rafael Kugel über die Birne. Mit seiner Firma Havelwasser vertreibt der 47-Jährige, der mit seiner Familie in Altglienicke wohnt, verschiedene Getränke. Eines haben diese alle gemeinsam: Überall steckt Birne drin.
Das Hauptprodukt von Havelwasser ist das gleichnamige Erfrischungsgetränk, das ein Gegenentwurf zum Alsterwasser sein soll. Statt Bier mit Limo besteht das Havelwasser aus Wein mit Birnensaft. Zum Sortiment gehören aber auch ein Cider, ein Winzerglühwein, ein Punsch, ein Kräuterlikör, ein Eierlikör und ein Brand. Sie tragen Namen wie „Heisse Havel“, „Havler“, „Heisser Theo“ oder auch „EierBirne“. Das Firmenlogo, das auf allen Etiketten zu sehen ist, zeigt eine fünfblättrige Birnenblüte. Rafael Kugel hat diese in einem Birnengarten, den er seit 2006 in Ribbeck nach der Landesgartenschau in Rathenow gepachtet hat, fotografiert und dann zu einem Symbol umgewandelt. Seit er im Jahr 2015 die Firma gegründet hat, spielt die Frucht eine große Rolle in seinem Leben. Im Vergleich zum Apfel, so hat er beobachtet, werde die Birne eher stiefmütterlich behandelt. „Das finde ich schade. Man muss die Birne hervorholen und ihr eine Bühne bereiten“, sagt er. Genau das ist seine Intention.
1996 kam Rafael Kugel, der am Bodensee aufgewachsen ist, nach Berlin. Nach seinem wirtschaftswissenschaftlichen Studium arbeitete er drei Jahre beim Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG. Von 2003 bis 2010 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich Entrepreneurship der Freien Universität Berlin bei Professor Dr. Günter Faltin. Dort entwickelte er sich weiter und gründete 2005 sein erstes Unternehmen „rapskernoel.info“, einen Direktvertrieb für Bio-Speiseöl, den er noch heute führt. 2006 hatte er die nächste Unternehmensidee und gründete zusammen mit Günter Faltin die „RatioDrink AG“, die ebenfalls bis heute existiert. Von zwei Keltereien am Bodensee und aus der Magdeburger Börde kaufte er Konzentrat, womit Kunden Fruchtsäfte nach eigenen Wünschen zusammenmischen können. 2018 verkaufte er seinen Anteil an dem Unternehmen, das 2015 die Grundlage für seine dritte Unternehmensgründung Havelwasser legte.
Damals kam er auf die Idee, zu Hause Birnenkonzentrat mit Wein zu mischen. Ein paar Freunde, die er zu Besuch hatte, probierten das Getränk und fanden es lecker. Rafael Kugel lud daraufhin einen Winzer ein, den er seit Langem kennt. Gemeinsam probierten sie verschiedene Mischungen aus, bis sie feststellten, dass Birnensaft und die Weinsorte Müller-Thurgau geschmacklich am besten zueinanderpassen. In den Folgejahren erweiterte er sein Sortiment, wobei immer wieder auch der Zufall mitspielte. Ein Beispiel: Als er 2018 mit einem Stand auf der Grünen Woche vertreten war, präsentierte direkt neben ihm die Manufaktur „scharfesGELB“ aus Senftenberg ihren Eierlikör nach einem alten Familienrezept. Kugel sprach die Gründer an und ging mit ihnen eine Kooperation ein. Seitdem wird in Senftenberg die „EierBirne“ hergestellt, ein Eierlikör mit Birnenaroma.
Auch alle anderen Getränke von Havelwasser produziert Rafael Kugel nicht selbst, sondern lässt diese an verschiedenen Orten produzieren. Dafür hat er sich ein breites Netzwerk aufgebaut. Den Birnenbrand „Havelbrand“ lässt er beispielsweise in einer Brandenburger Brennerei herstellen. Das Havelcider wird in Sachsen-Anhalt abgefüllt. Den Wein für das Havelwasser bezieht er von einem Winzer aus Rheinland-Pfalz, den Birnensaft aus verschiedenen Regionen. Von seinem Haus in der Richterstraße 5 aus – dort lebt er seit 2012 mit seiner Familie – kümmert er sich vor allem um den Vertrieb. So hat er unter anderem eine Internetseite an den Start gebracht. Seine Rolle sieht er vor allem in der Organisation.
Bisher laufe das Geschäft gut, erzählt er, doch der richtige Durchbruch fehle noch. Rund 300 Fachhändler hätten Havelwasser mittlerweile im Sortiment, auch viele Restaurants. Bei Kaufland, Edeka, Getränke Hoffmann und Rewe sei es auch schon erhältlich gewesen. Er habe aber festgestellt, dass das Getränk im Lebensmittelhandel untergeht und eher einen „liebevollen, persönlichen Rahmen“ benötigt. Daher wolle er Havelwasser zukünftig vor allem mithilfe kleiner Hofläden unter die Leute bringen. Sein eigenes Produkt, das einst nur eine Idee war, in einem Laden zu sehen, sei ein unheimlich gutes Gefühl.
Weitere Infos gibt es unter www.havelwasser.com. Am Sonnabend, 10. Dezember, lädt Rafael Kugel von 14 bis 18 Uhr zu einem Tag der offenen Tür inklusive Verkostung in die Richterstraße 5 ein.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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