Natur- und Freizeitort vor dem Aus
Pachtvertrag für Begegnungszentrum im Kölner Viertel läuft Ende September aus
Ein Kaninchen knabbert an einem Stück Möhre, während nebenan Wellensittiche vergnügt umherfliegen. Ein paar Meter weiter plätschert Wasser in einem kleinen Teich. An der Müngersdorfer Straße 18 in Altglienicke ist in den vergangenen Jahren ein kleines Idyll entstanden. Bald ist damit aber Schluss.
Der Bezirk benötigt die Fläche für eine Schule und eine Sporthalle. Dazu hat sie dem Trägerverein BiK (Begegnungszentrum im Kölner Viertel) zum 30. September den Pachtvertrag gekündigt. Danach wird wohl alles verschwinden, was Matthias Winkler (67), der Vorstandsvorsitzende, mit Unterstützung vieler ehrenamtlicher Helfer aufgebaut hat. Dazu gehören ein Bereich mit Hühnern, Wellensittichen, Kaninchen und Meerschweinchen, Trampoline, ein Planschbecken mit Rutsche, ein Teich mit Wasserfontäne und eine kleine Holzbrücke. Im hinteren Bereich können Kinder schaukeln, Fußball und Volleyball spielen und ein begehbares Puppenhaus nutzen. Bei gutem Wetter kommen nachmittags etwa 40 Kinder und Jugendliche in die Müngerdorfer Straße, um dort ihre Freizeit zu verbringen. Am liebsten streicheln und füttern sie die Tiere und springen auf den Trampolinen herum.
Matthias Winkler nennt das Begegnungszentrum einen Ort der Integration, Familienhilfe, des gemeinsamen Miteinanders und der Erholung aus dem Alltag. Genutzt werde „das kleine Paradies“ von vielen Kindern und Jugendlichen aus dem Kölner Viertel und dem Kosmosviertel, darunter auch behinderte Kinder und Kinder aus Flüchtlingsfamilien. Klassen und Kitagruppen, die das Vereinsgelände als geschützten Ort zum Arbeiten mit den Kindern in der Natur dankend annähmen, kämen ebenfalls oft. „An der Erhaltung des Vereinsgeländes liegt uns sehr viel“, sagt er stellvertretend für die etwa 70 Mitglieder. „Dieses wurde mit viel Liebe und Hingabe vor allem durch die Vereinskinder aufgebaut.“
Der selbstständige Sanitär- und Heizungsmeister ist der Vater des Begegnungszentrums, das auch von seinen Enkeln genutzt wird. Seit 2010 lebt der Thüringer in Altglienicke, auf einem Grundstück direkt nebenan. 2012 begann er damit, seinen privaten Garten für die Kinder aus der Umgebung zu öffnen. 2014 gründete er den durch Spenden finanzierten Verein, unterzeichnete einen Pachtvertrag mit dem Schul- und Sportamt und begann anschließend damit, den Freizeitort Stück für Stück auf- und auszubauen. Dafür investierte er auch sein eigenes Geld. Als er loslegte, sei die Fläche noch eine illegale Mülldeponie gewesen. „Hier waren Asbestplatten, Fliesen, Toiletten, Sperrmüll – und es liefen Ratten herum.“ Er habe den Bauschutt zerkleinert und damit das auf einem Lehmboden befindliche Gelände, das bei Regen ständig aufgeweicht wurde, befestigt. Unvorstellbar, wer sich heute dort umsieht.
Als er den Pachtvertrag unterzeichnete, wusste er bereits, dass die Fläche irgendwann für den Schulbau benötigt wird. Jedoch sei ihm damals versichert worden, dass eine Integration in das Schulgelände möglich sei (was das Amt auf Nachfrage allerdings bestreitet). Davon habe das Schul- und Sportamt jedoch nichts mehr wissen wollen, als es Anfang des Jahres zur Besichtigung vor Ort war. Dabei sei ihm gesagt worden, dass nun doch die gesamte Fläche benötigt werde. Zugleich sei ihm mitgeteilt worden, dass kein Ausweichgrundstück zur Verfügung gestellt werden könne. „Da war ich doch betroffen“, erklärt er. Auf Anfrage der Berliner Woche hatte das Bezirksamt im April erklärt, dass der Verein BiK kein Interesse an einer Ersatzfläche geäußert habe. Dem widerspricht Matthias Winkler allerdings entschieden. Er habe mehrere Grundstücke in der Gegend aufgesucht und sich nach den Eigentümern erkundigt, betont er. Nirgendwo sei er fündig geworden, auch weil die Grundstückspreise mittlerweile „jenseits von Gut und Böse“ seien. Kinder, die die kleine Freizeitoase gern nutzen, haben sogar eine Petition zu deren Erhalt gestartet.
Auch wenn das Vereinsgelände Geschichte sein wird, macht Matthias Winkler weiter. Inzwischen konnte er sich ein Grundstück im brandenburgischen Perleberg sichern, zweieinhalb Autostunden entfernt. Dort würde er dann, wann immer es möglich ist, einen Teenie-Treff an Wochenenden organisieren.
Weitere Infos zum Verein: bik-verein.de.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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