Die nächste Generation steht schon bereit
SV Mattnetz Berlin bildet junge Schachspieler aus und sucht auch weiter Nachwuchs
Über Stunden konzentriert am Brett sitzen, die nächsten Züge planen und die Taktik des Gegners durchschauen. Schach ist ein zeitloses Spiel und begeistert deshalb immer wieder neue Generationen. Davon profitiert auch der SV Mattnetz Berlin, der im Jugendbereich beachtliche Erfolge vorweisen kann.
So wurde beispielsweise erst dieses Jahr die U16 des Vereins Norddeutscher Meister. Auch über den ersten Platz in der Jugendbundesliga Nord (Staffel Ost) konnte sich der Klub freuen. „Gerade die Jugendarbeit liegt unserem Verein am Herzen und bei sehr engagierten Trainern und älteren Spielern in guten Händen“, sagt Vorstandsmitglied Bernd Städter. Um die gute Arbeit weiterführen zu können, seien sie beständig darum bemüht, neue Mitglieder zu gewinnen.
Noch ist der SV Mattnetz Berlin ein recht junger Verein. Es gibt ihn erst seit 2014. Damals fusionierten die Schachabteilungen der SG Grün-Weiß Baumschulenweg und des Treptower SV 1949 und gründeten einen eigenständigen Schachverein. Trainiert wird in den Kiezklubs Alte Schule in der Dörpfeldstraße in Adlershof und im Treptow-Kolleg an der Kiefholzstraße 274 in Baumschulenweg. Dadurch sei es für den Verein einerseits schwierig zusammenzuwachsen, wie der Vorsitzende Georg Tscheuschner erzählt. Andererseits hätten sie mit ihren beiden Spielorten aber auch mehr Möglichkeiten als andere Vereine. Zudem befindet sich beim SV Mattnetz heute auch der Leistungsstützpunkt Jugend des Berliner Schachverbands.
80 Mitglieder gibt es aktuell. Mehr als jeder Zweite ist jünger als 30 Jahre. Zum Beispiel Bao Ahn Le Bui, Mitglied seit etwa zehn Jahren. Der 15-Jährige aus Lichtenberg spielt seit frühester Kindheit Schach. Bereits im Alter von drei Jahren habe er die Figuren aufgestellt, erinnert er sich. Sein Ehrgeiz wurde durch seine beiden älteren Brüder geweckt, deren Erfolgen er nacheiferte. „Eigentlich wollte ich nur Pokale gewinnen“, erzählt er. Inzwischen hätten seine Brüder wieder aufgehört. Gegen ihn hätten sie keine Chance mehr. In der Altersklasse U10 wurde er Deutscher Meister, in der U9 sogar EU-Meister. „Ich will das Meiste rausholen, was geht“, sagt Bao Bui, der sogar noch mit einem eigenen Trainer daran arbeitet, sein Spiel zu verbessern. Sein Vorbild ist der Russe Garri Kasparow, Weltmeister von 1985 bis 2000. Dessen Spielstil gefalle ihm gut, was sich auch in seinem eigenen Stil widerspiegle.
„Vor ein paar Jahren hatte ich noch Absichten wie Bao“, sagt Luise Schnabel über ihren jüngeren Vereinskollegen. Sogar ihre Abschlussarbeit beim Abitur habe sie ihrer Leidenschaft gewidmet. Darin schrieb sie darüber, wie Schach die kognitive Entwicklung von Kindern fördert. Inzwischen sei Schach für sie aber mehr zu einem Hobby geworden. „Für mich hat jetzt ein neuer Lebensabschnitt begonnen“, erklärt die 17-Jährige aus Neukölln, die seit Kurzem Personalmanagement studiert. Vorbild sei für sie immer Judit Polgár gewesen. Die ehemalige Spitzenspielerin aus Ungarn gilt als spielstärkste Frau der Schachgeschichte. „Ich finde sie faszinierend, weil sie sich gegen die Männer durchgesetzt hat.“ Frauen sind beim Schach auch heute noch klar in der Unterzahl. Beim SV Mattnetz gibt es vier, was einem Anteil von nur fünf Prozent entspricht. „Es ist natürlich schade, dass nur so wenig Frauen Schach spielen“, sagt Luise Schnabel, die das Spiel als Kind von ihrem Vater lernte. Für sie selbst sei es aber eher ein Vorteil, denn bei Turnieren darf sie im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen selbst entscheiden, ob sie gegen die Frauen- oder Männerkonkurrenz antritt. In der Altersklasse U10 wurde sie so Berliner Meisterin bei den Männern.
Der geringe Frauenanteil habe sich durch die historische Entwicklung des Spiels verfestigt, meint Georg Tscheuschner. Denn lange Zeit sei Frauen von Großmeistern wie Garri Kasparow die Fähigkeit abgesprochen worden, gut Schach spielen zu können. Vor allem deshalb sei der Sport bis heute männerdominiert. Luise Schnabel glaubt, dass dies viele Mädchen und Frauen einschüchtert und vom Spielen abhält. Sie selbst hat sich davon allerdings nicht beeindrucken lassen. „Wenn ich irgendwann mal Kinder habe, werde ich ihnen auch Schach beibringen. Es ist schwer, wieder aufzuhören, wenn man von klein auf dabei ist.“ Schach sei einfach spannend, biete eine nicht ausrechenbare Vielfalt an Möglichkeiten und sei ein gutes Training, um mit Stress umzugehen.
Mehr über den SV Mattnetz Berlin gibt es auf www.sv-mattnetz-berlin.de zu erfahren. Eine Kontaktaufnahme ist unter Telefon 0151/20 68 80 37 oder per E-Mail an georg.tscheuschner@hotmail.de möglich.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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