Reisen wie zu Kaisers Zeiten
Historisches Bahnhofsgebäude Baumschulenweg stammt aus dem Jahr 1916

Der Eingang zum Bahnhofsgebäude wurde 1916 errichtet, er steht unter Denkmalschutz. | Foto: Ralf Drescher
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  • Der Eingang zum Bahnhofsgebäude wurde 1916 errichtet, er steht unter Denkmalschutz.
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In Teilen sieht der Bahnhof Baumschulenweg aus wie zur Kaiserzeit. Das markante, denkmalgeschützte Eingangsgebäude ist aus dem Jahr 1916.

Wenn man die beiden Bahnsteige betritt, blickt man, wie der Fahrgast von 1916, auf gusseiserne Säulen und ein hölzernes Bahnsteigdach. Das ist dem Denkmalschutz geschuldet, der beim Umbau 2010 mitreden durfte. Dabei bekam der Ortsteil relativ spät Bahnanschluss. Während in Köpenick und Friedrichshagen bereits 1842 die ersten Dampfrösser auf ihrem Weg zwischen der Residenzstadt Berlin und Frankfurt (Oder) Station machten, hielt der erste Zug in Baumschulenweg erst ein halbes Jahrhundert später. Baumschulenbesitzer Franz Späth (1839-1913) hatte sich für den Bau der Station an der Berlin-Görlitzer Eisenbahn stark gemacht und sogar einen Teil de Kosten übernommen. Er versprach sich vom Bahnanschluss wirtschaftliche Vorteile für seine immer noch an der heutigen Späthstraße liegende Baumschule.

Bei der Eröffnung des Bahnhofs am 20. Mai 1890 verlief die Bahnstrecke noch zu ebener Erde und kreuzte die Baumschulenstraße. Erst 1906 wurde die Trasse der Görlitzer Bahn im Berliner Raum auf einen Bahndamm gelegt, da nur kreuzungsfreier Betrieb dem gestiegenen Verkehrsaufkommen auf der Baumschulenstraße gerecht wurde. Die erhielt ihren Namen übrigens 1890, gemeinsam mit dem Bahnhof.

Bereits 1916 musste erneut gebaut werden. Für die Verbindung nach Neukölln wurde die Einfädelung verändert. Die Strecke wurde nun hinter dem Bahnhof in Fahrtrichtung Plänterwald zusammengeführt und ein neuer Bahnsteig errichtet. Ende 1928 zog moderne Verkehrstechnik in Baumschulenweg ein. Am 6. November hielt erstmals einer der rot-ockerfarbenen Züge der elektrischen Berliner S-Bahn. Er musste vorerst über Neukölln auf die Ringbahn fahren. Erst am 1. Februar 1929 war die komplette Strecke mit Stromschienen und Sicherungstechnik versehen. Für rund 30 Jahre ging es dann von Baumschulenweg direkt nach „Westen“. Wer in den Zug stieg, war drei Minuten später am Bahnhof Köllnische Heide und damit in Neukölln. Für manchen DDR-Behördenmitarbeiter oder Volkspolizisten war der Schreck dann groß, denn er hatte nicht auf die Fahrtzielanzeige geschaut und war in den für ihn falschen Zug gestiegen. Dann musst dieser unerhörte Vorfall der Arbeitsstelle reumütig gemeldet werden.

Trasse blockiert und Gleise abgebaut

Nach dem 13. August 1961 war mit solchen Widrigkeiten und auch dem schnellen Kinobesuch an Karl-Marx- oder Hermannstraße dann Schluss. Nach dem Mauerbau wurde die Bahntrasse blockiert, später wurden die Gleise abgebaut. Fortan ging es in Richtung Innenstadt nur noch über Plänterwald und Treptower Park.

Weil die Bahntrasse immer im Besitz der Reichsbahn geblieben und nicht überbaut worden war, stand einer Wiederinbetriebnahme der Strecke nach 1989 nichts im Wege. Bahndamm und Gleise wurden wieder errichtet, die Einfädelung südlich vom Bahnhof Baumschulenweg wiederhergestellt. Gut vier Jahre nach dem Mauerfall, am 17. Dezember 1993, konnte man wieder von Baumschulenweg direkt nach Neukölln fahren.

Ab 2006 wurde die Görlitzer Bahn saniert. Dazu gehörte auch ein Umbau des Bahnhofs Baumschulenweg und der Neubau der Brücken über die Baumschulenstraße. Die beiden verbliebenen Bahnsteige behielten ihre Säulen aus dem Jahr 1916, die Bahnsteigdächer wurden nach Fotos von damals neu gebaut. Auf der südlichen Seite der Baumschulenstraße wurde ein neuer Zugang zu beiden Bahnsteigen errichtet, ein Aufzug und eine Rolltreppe erleichtern das Einsteigen. In der Bahnhofshalle erinnern originale Hartungsche Säulen an die Vergangenheit. Sie hatten gut 100 Jahre die Brücke über die Baumschulenstraße getragen.

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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