Betonkrebs macht Abriss erforderlich
Marggraffbrücke erhält ab Herbst einen Ersatzneubau
Eine weitere Brücke im Bezirk ist so marode, dass nur noch Abriss und Neubau möglich sind. Während die neue Salvador-Allende-Brücke in diesem Jahr endlich fertiggestellt wird, die Neubauten der Elsenbrücke und der Langen Brücke dagegen noch Zukunftsmusik sind, wird es nun bald an der Marggraffbrücke ernst.
Das Bauwerk über den Britzer Verbindungkanal, welches die Ortsteile Niederschöneweide und Baumschulenweg verbindet, leidet unter Korrosion und Betonkrebs. Bei Untersuchungen wurden Risse festgestellt. Chemische Reaktionen sorgen für Schäden. Nach Angaben des Wasserstraßen-Neubauamts Berlin soll die Marggraffbrücke, die von 1963 bis 1965 gebaut wurde, deshalb voraussichtlich ab dem dritten Quartal dieses Jahres abgerissen werden. Weil das Bauwerk im Eigentum der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes eine wichtige Verkehrsverbindung darstellt, drohen dann erhebliche Auswirkungen auf die Verkehrssituation. Gerechnet wird mit einer Bauzeit von drei Jahren. Rund 16 Millionen Euro investiert der Bund dafür.
Nachdem die Planung bekannt wurde, hagelte es schnell Kritik, unter anderem vom Berliner Fahrgastverband IGEB. Dessen Vorsitzender und der stellvertretende Vorsitzende, Christfried Tschepe und Jens Wieseke, erinnerten in einer Mitteilung daran, dass bis 1973 noch die Straßenbahn über die Marggraffbrücke fuhr. Nach den Plänen des rot-rot-grünen Vorgängersenats hätte diese dort ab 2035 auch wieder fahren sollen. Hintergrund ist die geplante Strecke vom Potsdamer Platz über die Sonnenallee zum S-Bahnhof Schöneweide. Beim geplanten Ersatzneubau der Marggraffbrücke ist die Straßenbahn jedoch nicht berücksichtigt. „Zum wiederholten Mal hat es der Berliner Senat versäumt, die Weichen für seine viel beschworene Verkehrswende rechtzeitig zu stellen“, meinte der IGEB, denn bereits seit 2015 plane das Wasserstraßen-Neubauamt das Bauvorhaben. „Im Jahre 2019 beschloss der Berliner Senat den Nahverkehrsplan Berlin 2019-2023 mit dem ÖPNV-Bedarfsplan, der mehr sein sollte als eine hübsch anzusehende Vision bunter Linien. Aber viel mehr ist das Dokument anscheinend nicht wert, wenn jetzt eine Brücke für mindestens die nächsten 50 Jahre gebaut wird, auf der es keinen Platz für eine Straßenbahn geben wird“, hieß es.
Und das sei noch nicht alles. „Obwohl doch der Autoverkehr möglichst weitgehend über die parallele Stadtautobahn A113 verkehren soll, wurde vom Senat auf der Schnellerstraße eine Verlängerung der vorhandenen Linksabbiegespur zur Minna-Todenhagen-Straße bestellt. Da die Verlängerung auf der Marggraffbrücke liegt, muss sich Berlin an den Kosten des Ersatzneubaus beteiligen, der eigentlich eine Maßnahme des Bundes ist“, kritisierte der IGEB. „Für eine fragwürdige Maßnahme zugunsten des Autoverkehrs hat Berlin also Geld, für die Straßenbahn nicht“, lautete die Schlussfolgerung des Fahrgastverbands. Auch die Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg äußerte sich. „Die Menschen in Baumschulenweg brauchen diese Straßenbahnlinie und deswegen muss sie auch kommen. Berlin muss für einen sofortigen Stopp der Fehlplanungen des Bundes sorgen, die an den Bedarfen der Berliner:innen vorbei vom Bund geplant wurde, und es kann nicht sein, dass Berlin hier auch nur einen Cent zuschießt“, schrieb sie in einer Stellungnahme.
Inzwischen gibt es eine neue Entwicklung. Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) meldete sich zu Wort. Gespräche des Senats mit dem Wasserstraßen-Neubauamt hätten ergeben, dass eine Trassenführung über die Marggraffbrücke mit wenig zusätzlichem Aufwand möglich wäre. Ob die Tram über die Brücke fahren wird, hänge aber von der Entscheidung ab, welche Trassenführung die beste für die Verbindung von Schöneweide zum Potsdamer Platz ist.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.