Opfer der Märzkämpfe
Historiker schlägt unbekanntes Kapitel der Geschichte Marzahn-Hellersdorfs auf
Während der Monate zwischen der Novemberrevolution und der Gründung der Weimarer Republik gab es in Deutschland schwere Kämpfe. Spuren davon gibt es auch im Bezirk, die allerdings nicht leicht zu finden sind.
Eine besondere Rolle bei den Märzkämpfen 1919 spielte Biesdorf. In der Gemeinde war die Deutsche Schutzdivision einquartiert. Deren Stab befand sich im Schloss. Die Schutzdivision gehörte zu den Freikorps, von denen die teils bewaffneten Arbeiteraufstände in Berlin niedergeschlagen wurden.
Menschen aus den damaligen Gemeinden, die heute den Bezirk Marzahn-Hellersdorf bilden, waren auf beiden Seiten an den Märzkämpfen beteiligt. Einige davon gehörten zu den Toten, die der vorläufig letzte Akt der Novemberrevolution in und um Berlin forderte.
Seit dem 9. November stand die Frage, ob Deutschland eine Räterepublik nach sowjetischem Vorbild oder eine bürgerliche Republik werden sollte. Während in Weimar die Nationalversammlung tagte, um eine bürgerliche Verfassung zu verabschieden, verschärfte sich die Lage im Lande erneut. In Berlin riefen Ende Februar die Arbeiterräte zum Generalstreik auf, am 3. März verhängte das preußische Staatsministerium den Belagerungszustand.
2000 Tote
Die Kämpfe flammten zuerst am Alexanderplatz auf und verlagerten sich in den Osten bis Lichtenberg. Bei der Niederschlagung jeden Widerstandes machten die Freikorps Jagd auf Matrosen der Volksmarinedivision und bewaffnete Zivilisten. Es wurden auch Wohnungen durchsucht, und wo sich eine Waffe fand, kam es zu Erschießungen. Es gab mehr als 2000 Tote.
Am 12. März wurden an der Mauer zum alten Gemeindefriedhof in Lichtenberg elf Aufständische standrechtlich erschossen. Darunter waren die Brüder Fritz und Albert Gast aus Marzahn. Beide waren während des Krieges als Matrosen in Kiel und später Angehörige der Volksmarinedivision. Sie wurden auf dem Parkfriedhof Marzahn begraben. Der Grabstein wurde 1957 erneuert und zu einem Gedenkstein für die Matrosen umgestaltet.
Auf der anderen Seite standen Menschen wie Paul Heese aus Biesdorf. Dieser entstammte einer alten, namhaften Bauernfamilie aus dem Dorf, hatte aber Konditor gelernt. Der 18-Jährige hatte sich den Freikorps angeschlossen, die mit nationalistischen Parolen und einem Handgeld lockten. Er erlag seinen Verwundungen im Krankenhaus Friedrichshain am 6. März. An ihn erinnert eine Eintragung auf dem Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges an der Biesdorfer Versöhnungskirche.
Auch Unbeteiligte starben
Es starben auch Unbeteiligte. Der 17-jährige Arbeiter Karl Fahrenholt war am 8. März lediglich dabei erwischt worden, wie er sich über einen auf dem Boden liegenden toten oder verwundeten Freikorpssoldaten beugte. Deshalb wurde er zunächst von der Schutzdivision in der damaligen Dorfschule festgesetzt. Am nächsten Morgen sollte er dem Stab der Division zu einem Standgericht vorgeführt werden. „Dort wartete bereits der damalige Pfarrer Georg Plath, der ein gutes Wort für seinen Konfirmanden einlegen wollte. Aber Fahrenholt versuchte zu fliehen und wurde angeschossen. Er starb an seinen Verwundungen in einem Krankenhaus in Oberschöneweide“, erzählt Heimathistoriker Karl-Heinz Gärtner.
Gärtner stellt die Ergebnisse seiner Forschungen zu den Märzkämpfen am Mittwoch, 13. März, um 18 Uhr im Bezirksmuseum, Alt-Marzahn 51, im Rahmen eines Vortrages in der Reihe „Marzahn-Hellersdorfer Gespräche zu Geschichte“ vor. Eintritt frei.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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