Ehemalige Kellnerin betreibt „Sozialkaufhaus“
Iris Köhler betreibt am Blumberger Damm ein „Sozialkaufhaus“. In dem unscheinbaren, barackenähnlichen Gebäude gibt es für wenig Geld fast alles.
„Wird noch gebraucht“, hat Iris Köhler ihr eigenes kleines Kaufhaus genannt und verkauft Produkte vom Nippes bis zur Nähmaschine, von Schuhen bis zur Schrankwand. Das meiste davon ist gebraucht, einiges auch noch originalverpackt.
Für Nachschub ist immer gesorgt. Köhler bietet einen kostenlosen Abholservice an. Sie hat die Dinge auf zwei Räume in einer rund 100 Quadratmeter großen Baracke verteilt, geschichtet und gestapelt. Nur schmale Durchgänge sind frei, nicht alles ist ohne Mühe erreichbar. „Waren habe ich genug. Es fehlt nur noch an Kunden“, erklärt die Kaufhausbesitzerin durchaus nicht resigniert. Das würde auch nicht Köhlers Lebenshaltung entsprechen. Die 52-Jährige lernte in der DDR Gärtnerin, arbeitete später als Verkäuferin und Kellnerin. Nach längerer Arbeitslosigkeit verfiel sie auf ihr Geschäftsmodell: Sachen preiswert an einem preiswerten Platz anbieten.
An ein schickes Geschäft in einer Einkaufsmeile war ohnehin nicht zu denken. Als gebürtige Biesdorferin kannte sie den Platz, die Gewerbebaracke am viel befahrenen Blumberger Damm. Die benachbarte Großsieldung in Biesdorf-Nord ist kein sozialer Brennpunkt, aber voller Menschen, die aufs Geld achten müssen.
Mit gebrauchten oder sonst kaum verkäuflichen Sachen ein Geschäft zu machen, entspricht ihrer Mentalität. „Mir selbst fällt es schwer, Sachen einfach wegzuwerfen, die gut und noch zu gebrauchen sind“, erläutert sie. Da spricht die gelernte DDR-Bürgerin, die in der Wegwerfgesellschaft gar nicht ankommen will.
Beim Gang von der Arbeitslosigkeit in die Selbstständigkeit 2015 hat sie für ihre Geschäftsidee viel Lob, aber wenig Hilfe erfahren. Ihr Sohn unterstützt sie, half beim Malern der Räume und hilft beim Transport der Waren. Sie selbst entwarf Flyer, die sie in der Nachbarschaft in die Briefkästen steckte.
So ringt sie um einen Platz in der Marktwirtschaft, mit Preisen, die nur schwer zu schlagen sind. Ein Bettbezug ist bei ihr für zwei Euro zu haben, ein Paar neuwertiger Schule für fünf Euro oder eine Windjacke für zehn Euro.
Wodurch aber unterscheidet sich Köhlers „Sozialkaufhaus“ von einem beliebigen Gebrauchtwarengeschäft? „Wer langzeitarbeitslos ist oder von Sozialhilfe lebt, der bekommt bei mir einen Rabatt von 20 Prozent“, erklärt sie. Das müsse allerdings durch einen Beleg vom Amt nachgewiesen werden.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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