Unternehmer und Gutsbesitzer
Wilhelm von Siemens prägte den Ortsteil Biesdorf
Wilhelm von Siemens hinterließ als Besitzer des Schlosses und des Rittergutes Biesdorf Spuren wie kaum jemand anderes in dem Ortsteil. Der Spross der legendären Erfinder- und Industriellenfamilie verstarb vor 100 Jahren.
Vater Werner von Siemens kaufte Gut und Herrenhaus Biesdorf 1887 von dem Vorbesitzer, dem Kaufmann Günther von Bültzingslöwen. Er hatte erst kurz zuvor dem Schulfreund ein Darlehen gegeben. Das Gut mit Schloss vor den Toren Berlins übernahm er, um das Geld nicht ganz zu verlieren. Im Unterschied zu seinem zweitältesten Sohn hatte er jedoch daran kaum Interesse.
Wilhelm von Siemens (1855-1919) zog 1888 mit seiner Familie ins Schloss und machte es zu seinem Lebensmittelpunkt. Als Schlossherr ließ er die nach kaum 20 Jahren schon marode neoklassizistische Turmvilla gründlich erneuern und einige Umbauten vornehmen. Der Schlosspark wurde ab 1891 von dem Berliner Stadtgartendirektor Albert Brodersen in seinem Auftrag erweitert und als englischer Garten angelegt.
Das mitübernommene Gut war in einem noch schlechteren Zustand. Einige Gebäude waren sogar baufällig. Deshalb ließ Siemens ab 1889 eine Reihe von Wirtschaftsgebäuden neu errichten, vom Kuhstall bis zum Geräteschuppen. Der leichte, sandige Boden auf den Ackerflächen des Gutes gab aber trotz aller Bemühungen nicht viel her. Es reichte gerade soweit, dass Siemens den Betrieb nicht aus seinem privaten Vermögen bezuschussen musste. Mehr Freude bereitete dem begeisterten Jäger die Jagd in den ausgedehnten Jagdflächen seines Besitzes.
Mit Wilhelm von Siemens wurde das Biesdorfer Schloss zu einer der ersten Adressen der Berliner Gesellschaft. Neben Persönlichkeiten vom Kaiserhof, des Militärs und der Wirtschaft waren auch Wissenschaftler wie Hermann von Helmholtz und der Nobelpreisträger Walther Nernst dort Gäste. Passend zu seiner Rolle als Unternehmer ließ Siemens auch seinen Biesdorfer Besitz schrittweise elektrifizieren. Er selbst führte in seinen Arbeitsräumen im Schloss technische Versuche durch.
Nach dem Rückzug seines Vaters wurde Wilhelm von Siemens zum führenden Kopf des Familienunternehmens. Er selbst leitete persönlich die Siemens-Schuckert-Werke, die auch die Produktion von Luftschiffen aufnahmen. Dafür ließ Siemens im Süden seines Biesdorfer Besitzes eigens eine Halle bauen. So wurde Biesdorf für wenige Jahre zu einem internationalen Zentrum der damaligen Luftschifffahrt.
Der verlorene Erste Weltkrieg und die revolutionären Unruhen untergruben die Gesundheit des deutsch-national gesinnten Unternehmers. Hinzu kamen der Tod seines älteren Bruders Arnold im April 1918 und der Tod seiner Frau Elly im Juli 1919. Er verstarb am 14. Oktober 1919 bei einem Kuraufenthalt in Arosa in der Schweiz.
Die Familie scheint danach das Interesse an dem Biesdorfer Besitz verloren zu haben. Bereits 1920 wurden die ersten größeren Flächen verkauft. Als die Stadt Berlin schließlich 1927 das Rittergut erwarb, war der Schlosspark bereits verwildert und das Schloss renovierungsbedürftig.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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