Internet brachte Infos
Das Rätsel um die Karpfenteiche ist gelöst
Wie entstanden eigentlich die Blankenburger Karpfenteiche? Wer legte sie an? Und warum?
Diese Fragen beschäftigten Bernd Rolle bereits seit geraumer Zeit. Der 60-jährige wuchs ganz in der Nähe auf. „Ich habe als Kind dort viel Zeit verbracht“, sagt er.
Besonders gut weiß Bernd Rolle über die Rieselfelder im Berliner Norden Bescheid. Das liegt auch in seiner Familiengeschichte begründet. Seine Vorfahren waren Gemüsebauern, und sein Urgroßvater mütterlicherseits, Otto Nette, Schriftführer im Vorstand des Verbandes der Gemüsezüchter Berlins. Mitglieder dieses Verbandes bewirtschafteten Rieselfelder, bauten dort Kohlrabi, Blumenkohl, Kopfkohl und Suppengemüse an. Damit sich die Gemüsebauern und der für die Rieselfelder zuständige landwirtschaftliche Güterdirektor Berlins regelmäßig zu Problemen austauschen konnten, wurde eine Rieselfeldkommission gegründet. Darin führte Otto Nette von 1908 bis 1912 das Protokollbuch. Nach seinem Tod vermachte er seinen Betrieb an Sohn Georg Nette. Als der 1982 verstarb, ging der Nachlass unter anderem an Bernd Rolle. Vor allem aus dem Protokollbuch des Großvaters erfuhr er Aufschlussreiches über die Rieselfelder.
Seit einigen Jahren bietet Bernd Rolle, der heute im Umweltbüro für Berlin-Brandenburg arbeitet, Führungen über die Blankenfelder Rieselfelder an. Er wusste bereits seit Längerem, dass es solche Rieselfelder auch in Blankenburg gab und diese mit den Blankenburger Karpfenteichen in Verbindung stehen. Diese fünf Teiche befinden sich zwischen Pasewalker Straße und A114. „Ich habe viele Jahre recherchiert, um Näheres zu den Teichen zu erfahren“, berichtet Rolle. „Aber es fanden sich keine Hinweise, auch nicht im Internet.“ Eher zufällig gab er dann den Begriff „Doppelberieselungswiesen“ ein. Und siehe da: Endlich fand er ein Dokument, dass ihm neue Erkenntnisse brachte. Unter der Überschrift „Abwasser-Kläranlagen deutscher Städte“ ist ein Bericht über eine im Herbst 1915 ausgeführte amtliche Studienreise des Dr. ing. Martin Strell aus München zu finden.
Diese beschäftigt sich auch mit den Rieselfeldern in Blankenburg-Malchow. Hier erfuhr Bernd Rolle auch, dass es damals bereits den größten der heute fünf Teiche gab. Vermutlich wurde dieser sogar bereits 1908 oder 1909 angelegt. Denn auf alten Karten aus der Zeit davor ist er noch nicht eingezeichnet. Bis in die 1930er-Jahre sind dann offenbar weitere Teiche angelegt worden, die letzten in den 50er-Jahren.
Dass der große Karpfenteich als letzte Stufe der Abwasserreinigung angelegt wurde, hängt mit dem damaligen Umgang der Abwässer aus der Stadt Berlin zusammen, erklärt Bernd Rolle. 1873 wurde mit dem Bau der Kanalisation und der Radialsysteme zur Entwässerung von Berlin begonnen. Die Stadt wuchs rasant, und die Abwasserentsorgung stank im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel. Weil das unhygienisch war und die Ausbreitung von Krankheiten begünstigte, griff der Planer James Hobrecht die Initiative des Arztes Rudolf Virchow auf und begann ein neues Berliner Abwassersystem aufzubauen. Über Druckrohrleitungen floss das Abwasser von einem Pumpwerk fortan aus der Stadt heraus bis zu einem Auslassschieber auf eigens angelegten Rieselfeldern, die noch bis in die 1970er-Jahre bestanden. Ein Rieselwärter öffnete regelmäßig diesen Schieber und befüllte ein Absetzbecken, in dem sich alle festen Bestandteile absetzten. Was sich dort ansammelte, wurde später von der Landwirtschaft als Dünger benutzt.
Das vorgeklärte Wasser ist dann über weitere Stufen mittels Drainage auf Feldern verrieselt. Diese wurden von Bauern für den Anbau von Gemüse genutzt. So war es auch auf den Rieselfeldern in Blankenburg-Malchow. Das auf den Feldern gereinigte Wasser wurde dann in einer nächsten Stufe in den ersten, heute großen Blankenburger Karpfenteich geleitet und dort nochmals gereinigt. An der tiefsten Stelle des Karpfenteichs befand sich eine Abflusseinrichtung (Mönch), über die das Wasser in einen Vorflutgraben abließen konnte. Für die Rieselfelder in Blankenburg-Malchow war es der Fließgraben, der in die Panke einmündet.
„Das Wasser, das von den Rieselfeldern kam, war so nährstoffreich, dass die Fische im Teich viel Nahrung hatten“, berichtet Bernd Rolle. „So konnten hier Karpfen, Schleie und sogar Forellen gezüchtet werden.“ Heute wird der große Karpfenteich von DAV Landesverband Berlin bewirtschaftet.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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