Etwas tun statt nur zu meckern: Anwohner gestalten in Quartiersräten ihr Umfeld
„Für mich war es ein bisschen wie die Rückkehr zu den eigenen Wurzeln“, sagt Bettina Winkelmann schmunzelnd. Die „Urberlinerin“ lebt seit sechs Jahren im Lettekiez und engagiert sich seit einigen Monaten im dortigen Quartiersrat.
„Aufgewachsen bin ich in der Reinickendorfer Sommerstraße“, erzählt sie. Dann habe sie 45 Jahre in Augsburg verbracht, dort eine Familie gegründet und als Reisebegleiterin gearbeitet. „ Durch meinen Beruf habe ich den Kontakt zu Berlin nie verloren – und nach meiner Rückkehr bot das Quartiersmanagement einen willkommenen Anknüpfungspunkt an das soziale Leben direkt vor der eigenen Haustür.“
Etwas tun statt nur zu meckern – dieser Trend zeugt von einer neuen Beteiligungskultur in den Kiezen der Hauptstadt. So wie Bettina Winkelmann bringen sich inzwischen über 1000 Berliner in den Quartiersräten der 34 Quartiersmanagementgebiete ein. Die Mitglieder in den Quartiersräten werden von den Anwohnern gewählt. Diese Form der Mitgestaltung des eigenen Umfelds startete 1999 als Bund-Länder-Städte-Förderprogramm. Heute ist die Spannbreite an Projekten in den Quartieren sehr groß, sie reicht von Elterncafés und Angeboten zur Sprachförderung bis hin zu Praktikumsbörsen und konkreter Wohnumfeldgestaltung.
Träger des Quartiermanagements Letteplatz, das seine Arbeit 2009 aufgenommen hat, ist der hiesige Mieterverein. Quartiersmanager Newroz Yildiz ist begeistert von dem Konzept: „Wir sind die Schnittstelle von amtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Institutionen mit den Bewohnern. Und die engagieren sich in vielfältiger Art und Weise“. So leitet zum Beispiel Bettina Winkelmann nicht nur einen Nähkreis, in dem aus Stoffresten, Bastelmaterial und Kurzwaren neue Mode gezaubert wird. Mit ihren Mitstreitern Achim Blum und Olaf Skeries lädt sie außerdem einmal im Monat ins Repair-Café im Lettekiez. Hier ist sie für die gemütliche Atmosphäre und den Kaffee zuständig, während die beiden erfahrenen Ingenieure den Besuchern zumeist erfolgreich helfen, fast ausrangierten Elektrogeräten neues Leben einzuhauchen. Die Angebote sind weitgehend kostenfrei und werden durch sogenannte Aktionsfonds finanziert.
„Die Anwohner entwickeln ihre Ideen, über deren Umsetzung eine Aktionsfondsjury entscheidet“, erklärt Newroz Yildiz das Prinzip. „Am Ende steht im optimalen Fall eine Fördervereinbarung zwischen der Bewohnerschaft und dem Quartiersmanagement“.
Mitmachen, Mitentscheiden, Selbermachen ist auch Motto einer derzeit laufenden Ausstellung zum Berliner Quartiersmanagement mit dem Titel „Die soziale Stadt in Berlin – Stadt gestalten“. Präsentiert werden dort unter anderem die Ergebnisse einer Befragung der Quartiersräte zum 9. Berliner Quartiersrätekongress. Die Ausstellung ist ein idealer Einstieg für alle, die ihren Kiez aktiv wiederentdecken und sich dafür Anregungen und Ideen holen wollen.
Die Ausstellung läuft noch bis zum 25. Februar im Erdgeschoss des Dienstgebäudes der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in der Würtembergischen Straße 6. Geöffnet ist montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr, der Eintritt ist kostenlos.
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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