Zwischen allen Stühlen
Anwohneriniative lädt zu Veranstaltung für Erich Mühsam ein
Die Anwohnerinitiative Hufeisern gegen Rechts erinnert Sonnabend, 11. Juli, an einen der berühmtesten Bewohner der Hufeisensiedlung: Erich Mühsam (1878–1934). Er wurde vor 86 Jahren von den Nazis im Konzentrationslager Oranienburg ermordet.
Die Veranstaltung beginnt um 15 Uhr am Gedenkstein für den Dichter und Anarchisten an der Dörchläuchtingstraße 52. Ganz in der Nähe, in der Hausnummer 48, lebte Mühsam von 1927 bis 1933.
Nahezu sein ganzes Leben lang habe er zwischen allen Stühlen gesessen, berichtet Jürgen Schulte, Sprecher der Initiative. Den strengen Anarchisten und Sozialisten war er zu sehr Bohème: Er dichtete häufig zu unpolitisch, trank zu viel und vergnügte sich zu sehr – nicht nur mit Frauen. Auch war es ihnen ein Dorn im Auge, dass Mühsam mit den Kommunisten kooperierte, um den Aufstieg der Nazis zu verhindern.
„Kennst du das Land, wo die Faschisten blühen?“
Die Kommunisten wiederum schimpften ihn einen Kleinbürger, weil er an der Staatskritik und dem Individualismus der Anarchisten festhielt. Die Sozialdemokraten und Bürgerlichen mochten ihn nicht, weil er die Weimarer Republik als unsozial und autoritär ablehnte. Und die Nationalsozialisten erklärten ihn zum Freiwild, weil zum gemeinsamen Kampf gegen sie aufrief. Die Braunhemden hielt Erich Mühsam für eine Bedrohung jeglicher Zivilisation. Schon 1925 rief er den Menschen zu: „Kennst du das Land, wo die Faschisten blühen?“
„Entgegen jedem Trend und jeder Norm blieb er eine Institution für sich: nirgends starr einzuordnen, niemandem zugehörig, überall dabei, aber immer er selbst, getreu seinem Leitsatz: Von meiner Hoffnung lass ich nicht“, so Schulte.
Unterstützt wird die Veranstaltung von Ralf „Trotter“ Schmidt und Mario „Bibi“ Schulz, die beide früher bei der Band Interzone spielten. Sie tragen einige neuvertonte Mühsam-Gedichte vor.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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