Wo früher der Zug fuhr
Ein Relikt des Treidelns an der Späthbrücke

Der ehemalige Lokschuppen beherbergt heute Bootsbauer. | Foto: Schilp
  • Der ehemalige Lokschuppen beherbergt heute Bootsbauer.
  • Foto: Schilp
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Direkt an der gesperrten Alten Späthbrücke steht auf Britzer Seite ein niedriges, langgestrecktes Haus. Nur wenige wissen, dass es sich um einen alten Lokschuppen handelt.

Nanu, wo verlief denn hier eine Bahnstrecke? Die Antwort hat der Betrachter direkt vor der Nase: nämlich zu beiden Seiten des Teltowkanals. Hier fuhren früher kleine Treidel-Lokomotiven, die ihre Energie aus elektrischen Oberleitungen bezogen und mittels eines Stahlseils Schiffe hinter sich herzogen – anfänglich mit einer Geschwindigkeit von etwa vier Stundenkilometer, ab Mitte der Dreißigerjahre etwas schneller.

Die Erbauer des Teltowkanals, der 1906 eröffnet wurde, setzten von Anfang an aufs elektrische Treideln (von lateinisch trangulare, schleppen). Denn so konnte die öffentliche Hand viel Geld für die Unterhaltung des Wasserwegs sparen. Wellenschlag und Sog durch Schiffsmotoren wurden vermieden, Kanalgrund und -böschung geschont. Also baute man beidseitig zwei Meter breite Treidelwege, sogenannte Leinpfade, und verlegte Gleise entlang des knapp 40 Kilometer langen Kanals. Bis 1944 oder 1945 rollten hier die Treidelloks. Das Ende des Zweiten Weltkriegs brachte verheerende Zerstörungen mit sich – der Betrieb wurde nie mehr aufgenommen.

So alt wie der Kanal

Zurück zu dem Schuppen an der Späthstraße 41a. Hier war Platz, um die kleinen Zugmaschinen zu warten, zu pflegen und nachts unterzustellen. Denn getreidelt wurde nur tagsüber. Das Gebäude stammt aus der Zeit des Kanalbaus, mithin ist es mehr als 110 Jahre alt. Dass es die wechselvollen Zeiten überlebt hat, und dabei noch recht gut erhalten, ist etwas ganz Besonderes.

Ein paar Meter weiter gab es noch etwas Außergewöhnliches. In seinem Buch „Der Teltowkanal – Eine Lebensader im Süden Berlins“ schreibt Horst Köhler: „Der Leinpfad gabelt sich vor der Späthbrücke. Der eine Pfad führt weiter längs des Kanals unter der Brücke hindurch. Der andere führt stetig ansteigend bis auf Brückeniveau. Als die Treidelei noch betrieben wurde, lagen die Gleise über diese Brücke bis zum anderen Ufer und waren mit dem dortigen Gleissystem verbunden.“

Die Britzer konnten also früher beobachten, wie die Mini-Lokomotiven über den Kanal tuckerten, nach der Grünauer Brücke war das für sie die erste Übersetzmöglichkeit. Heute haben übrigens zwei Bootsbauer ihren Sitz in dem alten Lokschuppen.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

29 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 702× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 989× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 963× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.323× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.