Kurios und empörend: Broschüre mit Geschichten von 22 Zeitzeugen erschienen
Heimatgeschichte aus allererster Hand: Vor kurzem ist der zweite Teil der Broschüre „Britzer erzählen“ erschienen. Er kostet zwei Euro – wenig Geld für eine garantiert interessante Lektüre.
Zweiundzwanzig Zeitzeugen erinnern sich, berichten Wissenswertes und auch Kurioses aus der Lokalgeschichte. Sie rufen Murmelspiel, Stoppelfeld-Schlachten und das zweifelhafte Vergnügen, im Winter Leibchen tragen zu müssen, ins Gedächtnis zurück.
Sie erklären, warum der Buschrosensteig einen Namen trägt, der nicht in die Gegend passt und wie Britz Ende der 20er-Jahre fast einen Flughafen bekommen hätte. Außerdem geht es um Baugeschichtliches, ehemalige Geschäfte, eine Kirche im Kornfeld und vieles mehr.
Auch Empörendes wird der Leser erfahren. Als der anarchistische Schriftsteller Erich Mühsam 1927 mit seiner Frau einen Schwarzwaldurlaub antrat, beauftragte er einen Genossen, nach Hund und Katze in seiner Wohnung in der Hufeisensiedlung zu schauen. Außerdem gab er ihm eine Vollmacht über ein Bankkonto. Zu seinem Entsetzen waren nach seiner Rückkehr sowohl die Haustiere als auch das Geld verschwunden. Der Name des Übeltäters: Herbert Wehner.
Während diese Geschichte vermutlich nur wenige kennen, so hat wohl noch jeder Britzer die Rias-Sendetürme vor Augen. Sie standen zwischen Tempelhofer Weg und Britzer Damm. Nicht nur gute Erinnerungen sind mit ihnen verbunden.
Im Umkreis von mehreren Kilometern gab es keine elektrische Anlage, die nicht gestört wurde. Egal, ob die Anwohner telefonierten, ihr Tonband einschalteten oder auch nur einen anderen Sender hören wollten: Der Rias war immer im Hintergrund zu hören. Sogar die Dachrinne der angrenzenden Schule funktionierte als Antenne, während die teuren, neuen Messinstrumente im Physiksaal verrücktspielten.
Dass all diese Begebenheiten für die Nachwelt erhalten bleiben, ist dem „Britzer Gesprächskreis“ zu verdanken. Die Mitglieder treffen sich seit nunmehr zehn Jahren jeden zweiten Mittwoch im Monat um 15.30 Uhr in der Seniorenfreizeitstätte Bruno Taut, Fritz-Reuter-Allee 50.
Sie tauschen sich aus, forschen, schreiben, sammeln Fotos, Biografien und Dokumente. Interessierte sind immer willkommen. Wer Kontakt zum Gesprächskreis aufnehmen möchte, kann das unter 54 71 55 07.
Zu haben ist das Heft sowohl der in der Seniorenfreizeitstätte, montags bis freitags, 9–17 Uhr, als auch im „Neukölln Info Center“ im Erdgeschoss des Rathauses, Karl-Marx-Straße 83, montags bis donnerstags, 10–17 Uhr, freitags 10–15 Uhr.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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