"Glück heißt, frei zu sein"
Mehr als Kindergeschichten – Schloss Britz zeigt Ausstellung mit Janosch-Werken
Süß, witzig und immer mit einer humanistischen Botschaft: Das verbinden wohl die meisten mit den Figuren des Schriftstellers und Illustrators Janosch. Ganze Generationen sind mit Bär, Tiger, Papa Löwe und natürlich der Tigerente aufgewachsen. Die Ausstellung „Janosch – Bilder und Geschichten“ auf Schloss Britz zeigt nun auch andere Seiten des Künstlers.
„Seiner Kunst wohnt die Tragik seiner Kindheit inne“, sagt Ausstellungskurator Christian Schnell. Geboren 1931 als Horst Eckert in Oberschlesien, wuchs Janosch in einer armen Bergarbeiterfamilie auf. Das allein wäre nicht allzu schlimm gewesen. Aber der Vater war Alkoholiker und gewalttätig, Janosch erlebte Missbrauch und Mobbing.
Auch mit der katholischen Kirche machte er üble Erfahrungen. „Er entwickelte einen tiefen Hass auf Autoritäten und einen noch tieferen Hass auf die Institutionen, auf denen sie basierten“, so Schnell.
„Glück heißt, frei zu sein. Wer nichts braucht, dem kann überhaupt nichts passieren“, hat Janosch einmal gesagt. Und diese Lebenshaltung passt dann doch wieder bestens zu seinen berühmten Kinderbuchfiguren, die den Besucher in der Ausstellung begrüßen. Aber Bär, Tiger & Co. sind nicht nur in niedlichen Szenen zu sehen, sondern auch in „Erwachsenenvarianten“, lüstern, erotisch oder derb. „Das mag für manche ein wenig irritierend sein, auch ich mag die beiden, ehrlich gesagt, lieber knuddelig“, sagt Martin Steffens, Geschäftsführer der Kulturstiftung Schloss Britz.
Hassliebe Tigerente
Überraschend und lohnenswert ist die Schau allemal. Insgesamt sind rund 160 Bilder ausgestellt, meistens Farbradierungen, aber auch Unikate, aquarellierte Zeichnungen. Vieles steht zum Verkauf. Die Werke bieten einen Überblick über sechs Jahrzehnte künstlerischen Schaffens. Sie zeigen Landschaften, Buchcover, kirchenkritische Karikaturen und sogar Gemälde, die sich an den Vorbildern Paul Klee und Marc Chagall anlehnen. „Janosch hat immer auch die Kunst von anderen aufgesaugt“, erklärt Christian Schnell.
So stand er zeitweise einigen Zeichnern der „Neuen Frankfurter Schule“ nahe, die dank der Satirezeitschrift Pardon in den Sechziger- und Siebzigerjahren ein großes Publikum fanden. Einer von ihnen, F.K. Waechter, soll sogar die Idee für ein hölzernes Federvieh auf Rollen gehabt haben – die Streifen stammen allerdings von Janosch. „Die Tigerente wurde so ein Erfolg, dass er immer weniger Lust auf sie hatte. Im Jahr 2013 hat er seine Rechte abgegeben. Seitdem ist sie viel glatter geworden“, so Schnell.
Road-Story mit „Polski Blues“
Der deutsch-polnische Künstler hat noch viel mehr geleistet, zum Beispiel die Grimmschen Märchen illustriert, die TV-Serie „Janoschs Traumstunde“ gestaltet und rund 150 Bücher realisiert, darunter Erwachsenen-Romane wie „Polski Blues“, eine persönlich geprägte Road-Story. In unserem östlichen Nachbarland ist er übrigens viel populärer als Schriftsteller denn als Erzähler und Zeichner von Kindergeschichten.
Ein Comeback für Janosch gab es in den vergangenen Jahren. Eigentlich hatte er seinen künstlerischen Ruhestand verkündet, er wolle nur noch in der Hängematte liegen und halte sich eh für untalentiert. Doch dann zeichnete er von 2013 bis 2019 jede Woche für das Zeit-Magazin „Herrn Wondrak“ einen Schnauzbart, der auf allerlei Lebensfragen ganz persönliche Antworten gibt. Die Figur ist nach Janoschs Opa gestaltet, gleichzeitig trägt er, wie fast alle männlichen Figuren, autobiografische Züge. Das widerspricht sich nicht. „Der Großvater war für ihn ein Archetyp und Janosch selbst hat sich ihm im Laufe der Zeit immer mehr angenähert“, sagt Schnell.
Alt werden auf Teneriffa
Der Großvater war der Einzige, der dem kleinen Horst während seiner Kindheit viel bedeutet hat. Zeit seines Lebens konnte er nicht viel mit menschlichen Beziehungen anfangen, für ihn ging seine Freiheit über alles. Je erfolgreicher er wurde, desto mehr zog er sich zurück. Heute lebt er auf Teneriffa.
Immerhin: Vor einigen Jahren hat er seine Lebensgefährtin Ines geheiratet, jedoch „eher aus praktischen Gründen“, räumt Schnell ein. Den Schritt in die Ehe habe der Künstler sicher nur deshalb getan, weil seine Partnerin nie Druck ausübte. „Sie lebten viele Jahre lang in Nachbarhäusern und wenn sie ihn besuchen wollte, musste sie sich vorher telefonisch anmelden.“
„Janosch – Bilder und Geschichten“ im Schloss Britz, Alt-Britz 73, ist bis zum 10. Januar dienstags bis sonntags von 12–18 Uhr geöffnet. Eintritt: fünf, ermäßigt drei Euro, sonntägliche Führungen um 16 Uhr gibt es nach Anmeldung unter 60 97 92 30 (drei Euro zuzüglich Eintrittspreis).
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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