Robinson Crusoe auf dem Teller: Literatur und Porzellan: Das Schloss Britz eröffnet seine neue Ausstellung
Britz. Zu einem kulturhistorischen Streifzug durch die vornehme Welt des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts lädt das Schloss Britz mit seiner neuen Ausstellung ein. Der Titel lautet: „Literatur auf Porzellan, Steingut und in anderem Kunsthandwerk“.
Sie waren sagenhaft unpraktisch, die Pfeifen, die die Herren Studenten einst bei ihren Zusammenkünften zu rauchen pflegten. Auf große Holzgestelle wurden Porzellanköpfe gesteckt und mit Tabak gefüllt. „Porzellan wird wahnsinnig heiß und ist eigentlich dafür völlig ungeeignet“, erklärt Sonja Kramer, Geschäftsführerin der Kulturstiftung Schloss Britz. Doch das störte die Studiosi nicht. Sie wetteiferten darum, wer den am schönsten bemalten Pfeifenkopf besaß. Er hatte literarische Motive zu zeigen – Faust und Gretchen zum Beispiel oder Wallenstein oder die Loreley. Lesen war zur Zeit der Romantik en vogue, und der Pfeifenkopf Fanartikel und Statussymbol.
„Wer damals etwas auf sich hielt, las und plauderte in Salons darüber“, so Kramer. Auch die Kupfer- und Stahlstecher jener Zeit fanden Gefallen an literarischen Figuren. Ihre Darstellungen lieferten oft die Vorlagen für die Porzellanmaler. Als die Herstellung des weißen Golds preiswerter geworden war, hielt es Einzug in die Vitrinen großbürgerlicher Haushalte.
Es entstanden kunstvoll gestaltete Teller, Teekannen, Tassen, Tabletts, Schnupftabaksdosen – und natürlich Pfeifenköpfe. Etwa 80 Exponate sind im Schloss Britz zu sehen sowie viele Vorlagen und Bücher. Ergänzt wird die Schau von prächtigen Bronze-Uhren, einen halben Meter hoch und von literarischen Figuren gekrönt. Die wertvollen Stücke stammen aus privaten Sammlungen, die meisten wurden in Meißen oder bei der KPM gefertigt. Ein Blickfang sind das Frühstücksservice mit farbenfrohen Szenen aus Goethes „Reineke Fuchs“ und Steingutteller mit Motiven aus Defoes „Robinson Crusoe“.
Die Ausstellung verteilt sich auf mehrere Räume: eine deutsche Abteilung mit Vertretern wie Heine und Schiller, den englischen Raum mit Byron, Scott und anderen, den französischen mit Chateaubriand und Zeitgenossen sowie einen Raum für berühmte Liebespaare. Schließlich wird auch die Porzellanherstellung und -bemalung thematisiert. „Die Ausstellung verbindet drei Teile: Porzellan, Literatur und Grafik als Vermittler zwischen den beiden“, sagt Aneta Brinker, die die Schau konzipiert hat. Für weniger Literaturfeste empfiehlt sich eine Führung – denn nicht alles ist auf den ersten Blick in seiner vollen Bedeutung zu erfassen. sus
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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