Ein Zeichen setzen: Warum ein Britzer mitten auf einer Kreuzung Blumen pflanzt
Britz. Mit gelber Gießkanne, Schäufelchen und Handschuhen ausgerüstet, schaut Sebastian, der seinen Nachnamen zum Schutz seiner Familie nicht nennen möchte, jeden Tag nach seinem kleinen Beet. Seit Mitte September hat er es auf der Kreuzung Fritz-Reuter- und Parchimer Allee angelegt – und will damit ein ganz privates Zeichen setzen.
„Pflanzen gegen Nazis“ steht auf dem Plastikschild, das er zwischen den leuchtenden Flamingoblumen und den Chilis in die Erde gesteckt hat, und: „Einschüchterung bringt nix, Beet wird täglich gepflegt". Die Farbe der Pflanzen ist kein Zufall. „Ich zeige den Nazis die rote Karte", sagt der Britzer, der schon sein Leben lang in der Hufeisensiedlung wohnt. Gerade einmal einen halben Quadratmeter misst sein Beet, für das er übrigens vom Grünflächenamt eine Genehmigung eingeholt hat, wie er betont. Dort hatte niemand etwas gegen seine Aktion einzuwenden. Bei einigen Anwohner scheint das anders zu sein: Die Blumen werden regelmäßig herausgerissen, zertrampelt, das Schild zerstört. Doch auch wenn ihn das ärgert – Sebastian bringt alles immer wieder in Ordnung. Angesprochen wird er oft. Wenn er erklärt, was es mit der Pflanzung auf sich hat, kommt nicht selten die erstaunte Frage: „Und was soll das bringen?“ Dann antwortet Sebastian: „Nazis sind schlecht für die Demokratie. Man kann zugucken, meckern, zur Demo gehen, und man kann ein Zeichen setzen.“
Dafür erntet er bei manchen Respekt, bei anderen Unverständnis. Es ist auch vorgekommen, dass er übel beschimpft wurde. Doch für ihn ist wichtig: „Mein Beet wird wahrgenommen, es weckt Interesse.“ Der 39-Jährige ist aber kein absoluter Alleingänger. Seit gut einem Jahr macht er auch bei „Hufeisern gegen Rechts“ mit. Die Initiative hat sich 2012 gegründet, nachdem eine Britzerin sich NPD-Wahlwerbung verbeten hatte und daraufhin wiederholt angegriffen wurde. Auch in jüngster Zeit kam es in Britz immer wieder zu Brandanschlägen gegen Menschen, die sich gegen politisch Rechte starkmachen.
„Hier in der Gegend sind ganz viele Leute gegen Nazis und die rechtspopulistische AfD. Aber es gibt auch viele, die sich nicht trauen, das öffentlich zu sagen. Sie haben Angst, schräg angeguckt zu werden“, sagt Sebastian. Die hat er nicht. „Ich muss mich für meine Überzeugungen nicht schämen.“ sus
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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