Künstlerin Dorothea Koch zeigt „Das Haus der Mutter“ im Museum Neukölln

Dorothea Koch vor dem Küchenschrank ihrer Mutter. | Foto: Schilp
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Britz. Vor vier Jahren starb Maria L. Sie wurde 99 Jahre alt und hinterließ ein Häuschen am Haselsteig. Mit ihm hat sich ihre Tochter, die Künstlerin Dorothea Koch, auseinandergesetzt. Nun ist die Installation „Das Haus der Mutter“ im Museum Neukölln, Alt-Britz 81, zu sehen.

Bis heute habe sie nicht ein einziges Teil aus dem Haus entfernen können, weder alte Schmierzettel noch Wäsche, sagt die Künstlerin. „An jedem Lichtschalter, an jeder Türklinke kleben meterdicke Erinnerungen.“

Das Haus gehörte ursprünglich den Großeltern väterlicherseits. Ihre Mutter und ihr Vater zogen dort Ende der 30er-Jahre ein. Seit dem Tod ihres Mannes lebte Maria L. drei Jahrzehnte alleine dort.

Auch wenn es der Künstlerin, die heute in Hamburg wohnt, nach eigener Aussage in erster Linie um das Haus und um den Umgang mit Erinnerungen geht: Die Betrachter erfahren in der berührenden Ausstellung viel über die Person Maria L. und ihr bescheidenes Leben. Porzellanfiguren mit Klebeetiketten an der Unterseite, auf denen sorgfältig Herkunft und Datum vermerkt sind („1939 v. Vati Wertheim“), Kartons und Strippen für die Päckchen an die Ost-Verwandtschaft, jahrzehntealte Rechnungen, Einkaufszettel – all diese Dinge erzählen eine Geschichte.

Maria L. war gewissenhaft, und selbst nach ihrem Tod wollte sie keine Umstände machen. Akribisch hat sie aufgelistet, was zu tun bleibt: den Hausarzt rufen, sich an das Begräbnisinstitut wenden, wo sie bereits alles Nötige geregelt habe, dem Pfarrer Bescheid geben. „Du musst mit dem Totenschein zum Nachlassgericht gehen. Rathaus Neukölln, dort gibt es den Erbschein“, steht auf einem Zettel an die Tochter.

Dorothea Koch hat Dinge gezeichnet, fotografiert und Erinnerungen von Verwandten an das Haus gesammelt. Drei filmische Sequenzen versuchen, die Atmosphäre im Haus festzuhalten. Und sie ist sich auch selbst begegnet, sogar auf buchstäbliche Art und Weise. So entdeckte sie auf dem Dachboden, ihrem damaligen Rückzugsort, Kreide-Botschaften, die sie dort als Jugendliche hinterlassen hatte. Lange hielt es Dorothea übrigens nicht in ihrem Elternhaus. „Britz war damals ziemlich piefig, mit 19 bin ich in eine Kreuzberger WG gezogen“, erzählt sie.

Lohnenswert ist auch der Katalog zur Ausstellung. Dort erfahren die Leser mehr über Maria L.: dass sie gerne eine bessere Schulausbildung gehabt hätte, dass sie gerne gewusst hätte, wie es ist, englisch zu sprechen, dass sie sich als Kind wünschte, eines Tages Zwillinge zu bekommen. Ottchen und Lottchen sollten sie heißen. Und wie schnell und gedankenlos ein Mensch etwas sagen oder tun kann, was er sein Leben lang bereuen wird. Denn die Zeit ist nicht zurückzudrehen und der Tod endgültig.

Wer die Künstlerin persönlich kennenlernen möchte: Am Sonnabend, 20. Februar, lädt sie ein zu einem Rundgang durch die Ausstellung und durch ihr Elternhaus. Treff ist um 15 Uhr am Museum. Die Teilnahme ist kostenlos.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 10. April; geöffnet ist täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr. Der 60-seitige Begleitkatalog kostet acht Euro. sus

Informationen gibt es unter www.museum-neukoelln.de und unter  627 27 77 27.
Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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