Hoffnung auf mehr Mobilität
Der achtjährige Dean und seine Mutter Jennifer brauchen ein rollstuhlgeeignetes Fahrzeug

Mutter Jennifer mit Dean vor der Treppe am U-Bahnhof Deutsche Oper. Einen Fahrstuhl gibt es dort nicht. | Foto: Michele Tantussi / FUNKE Foto Services
  • Mutter Jennifer mit Dean vor der Treppe am U-Bahnhof Deutsche Oper. Einen Fahrstuhl gibt es dort nicht.
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  • hochgeladen von Petra Götze

Durch das offene Fenster zur Straße schallt fröhliches Lachen. Der achtjährige Dean übt mit seiner Physiotherapeutin, alleine ohne Unterstützung zu stehen, und hat sichtlich Spaß und Erfolg. Mit dabei ein buntes Stofftier namens Hugo, ein Tausendfüßler. „Das ist das Maskottchen seiner Klasse, und Dean darf es oft mitnehmen und darauf aufpassen. Das macht ihn sehr stolz“, sagt seine Mutter Jennifer Schleuß.

Sie genießt draußen vor der Physiotherapie Siebold die Sonne in der kleinen Straße in Charlottenburg. Die Praxis für Kinder ist spezialisiert auf neurologische Rehabilitation. Die 27-Jährige ist sehr jung Mutter geworden, mit 19 Jahren. „Das war natürlich nicht geplant, ich war mitten in den Vorbereitungen aufs Abitur, als ich schwanger wurde“, erzählt sie. Dass etwas mit ihrem Sohn nicht stimmt, hat sie sehr schnell nach der Geburt gemerkt, doch verschiedene Ärzte nahmen ihre Befürchtungen nicht ernst. Bis schließlich ein MRT gemacht wurde, als Dean etwa ein Jahr alt war.

Die Diagnose: Cerebralparese, eine Schädigung des Gehirns, Ursache unbekannt. „Meist bedeutet die Diagnose, dass die Kinder in einer Spastik sind, aber Dean ist das Gegenteil davon, eher Wackelpudding“, sagt seine Mutter. Bis zum Alter von zweieinhalb Jahren konnte er sich nur auf dem Fußboden hin und her rollen, kaum den Kopf heben, berichtet sie. Erst nach einer Reha 2018 kamen erste Fortschritte, ihr Sohn konnte sich mit dem Oberkörper aufrichten. „Seitdem wird es Stück für Stück besser, er kann sich besser halten, muss nicht mehr permanent gestützt werden“, so Jennifer.

Wie schafft sie den Alltag mit einem schwerbehinderten Kind? „Für mich ist es etwas ganz Normales, jemanden um mich zu haben, um den ich mich kümmern muss“, antwortet sie. Als sie zwölf Jahre alt war, starb ihre Mutter nach zweijähriger Krankheit. Ein paar Jahre später erkrankte ihr Großvater, den sie ebenfalls bis zu seinem Tod pflegte. „Es ist viel schwerer, sich als Kind um Erwachsene zu kümmern als umgekehrt. Und Dean ist so ein absolut fröhlicher Junge!“, sagt sie. Jennifer arbeitet in Teilzeit als Verwaltungsfachangestellte beim Bezirksamt Neukölln. „Vollzeit wäre mit meinem Sohn nicht möglich“, sagt sie. Große Unterstützung bekommt sie von ihrem Freund. Der leibliche Vater nimmt Dean jedes zweite Wochenende zu sich.

Mühsam und zeitaufwendig

Viermal in der Woche fährt sie mit Dean zur Physiotherapie und Logopädie. Und wenn es einen Platz gibt, auch zur Ergotherapie, um ihm jede Chance auf eine Verbesserung seines Zustands zu geben. Die Fahrten zu den Therapeuten sind mühsam und zeitaufwendig. „Vorhin mussten wir zwei U-Bahnen auslassen, weil sie zu voll waren. Und die Fahrstühle auf den Bahnhöfen sind so oft kaputt oder so ekelhaft verunreinigt, dass man sie nicht benutzen kann“, sagt Deans Mutter.

Was sie fassungslos macht, sind die Reaktionen mancher Mitmenschen in Bussen und Bahnen. „Die Leute rücken nicht nach hinten durch im Bus, wenn der Rollstuhlbereich voll ist. Manche tun so, als sei es eine Zumutung, wenn sie für Deans Rollstuhl Platz machen müssen“, erzählt sie. Dabei würde der nichts lieber tun, als sich bewegen wie alle anderen Kinder auch. Sein großer Wunsch ist es, in einem Rollstuhl-Sportverein mitzumachen. „Manchmal sagt er: Ich wünschte, ich könnte laufen“, sagt seine Mutter. Um ihm seinen Wunsch zu erfüllen und die Fahrten zu Therapeuten und Ärzten zu erleichtern, haben ihre Familie und Freunde eine Spendenaktion im Internet auf der Plattform gofundme (bwurl.de/1a2w) gestartet. „Unser Traum wäre ein Auto mit einer Rampe, in das Deans Rollstuhl passt“, sagt Jennifer Schleuß. Mehr als 13.000 Euro sind schon zusammengekommen. „Ich bin überwältigt von der Anteilnahme“, sagt Deans Mutter, doch die Kosten für ein entsprechendes Fahrzeug sind sehr hoch.

An diesem Nachmittag ist Physiotherapeutin Maria Kromyda fertig mit Deans Behandlung. Sie hat mit dem Achtjährigen frei sitzen, stehen und laufen trainiert, auch mithilfe einer Vibrationsplatte, dem Galiko-Trainer. „Das Training hier tut Dean so gut, dafür würde ich auch bis nach Potsdam fahren“, sagt seine Mutter. Zur Belohnung gibt es ein paar Gummibärchen, bevor sich Mutter und Sohn auf den Weg zurück nach Britz machen.

Der U-Bahnhof Deutsche Oper ist der nächstgelegene, dort gibt es aber keinen Fahrstuhl. Die Treppe schreckt Jennifer nicht, Hilfe beim Tragen des Rollstuhls lehnt sie freundlich ab. „Wir machen das Stufe für Stufe. Wir haben da Übung“, sagt sie lächelnd. Dean winkt zum Abschied mit Maskottchen Hugo, dem Tausendfüßler.

Spenden für Dean

Berliner helfen e. V., der gemeinnützige Verein der Berliner Morgenpost, gewährt Zuschüsse zur Finanzierung von behindertengerechten Fahrzeugen, dem barrierefreien Umbau von Wohnung und zu Hilfsmitteln oder Therapien, die nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Wenn Sie die Familie von Dean beim Kauf eines rollstuhlgeeigneten Fahrzeugs unterstützen möchten, spenden Sie online auf bwurl.de/1a2v oder an: Berliner helfen e. V., Stichwort Dean, IBAN DE73 3702 0500 0003 3071 00. Für eine Spendenbescheinigung geben Sie bitte Ihre vollständige Anschrift bei der Überweisung an.

Autor:

Petra Götze aus Mitte

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