Die ganz alltäglichen Dinge
Stephanus-Stiftung befragt Flüchtlinge / Britzer Unterkunft nur zur Hälfte belegt
Die Stephanus-Stiftung hat 141 Flüchtlinge in zwei Gemeinschaftsunterkünften befragt. Eines der wichtigsten Ergebnisse: Es mangelt an beruflichen Perspektiven. Auch in der Einrichtung an der Haarlemer Straße 89 in Britz wurden Frauen und Männer um Auskunft gebeten. Ziel war, herauszufinden, wie zufrieden sie mit ihrer Unterkunft sind und was sie sich wünschen.
Sehr wichtig sei bereits das Eintreffen im neuen Zuhause auf Zeit, berichtet Julia Morais von der Stephanus-Stiftung. Eine große Rolle spielten ganz alltägliche Dinge wie Information, Freundlichkeit, verständliche Kommunikation, Sicherheit. Als positiv werden die Nähe zu Läden, zu Bus und Bahn, Kontakte zur Nachbarschaft und auch ein gutes W-LAN empfunden.
Auf der Mängelliste der Bewohner: die stark eingeschränkten Besuchszeiten und die fehlenden Möglichkeiten, die Zimmer ein wenig persönlicher zu gestalten. Außerdem haben das gemeinsame Kochen und Essen einen hohen Stellungswert, beides ist aber in den Gemeinschaftsküchen nur begrenzt möglich. Julia Morais meint, hier könne mit wenig Aufwand viel verbessert werden, allerdings seien dazu seien einige behördliche Auflagen zu ändern.
Problem Berufsqualifikation
Die größte Herausforderung sei aber das Erwerbsleben. „75 Prozent gaben an, keine abgeschlossene Berufsqualifikation zu haben“, sagt Morais. Betriebe, Berufs- und Hochschulen sollten sich stärker öffnen und neue Ausbildungsformate bereitstellen. Voraussetzung seien gute Sprachkenntnisse der Geflüchteten. Deshalb müsse das Deutschlernen ab dem ersten Tag ermöglicht werden – für alle, unabhängig von den Bleibeperspektiven.
Die Erkenntnisse aus der Befragung seien „nicht spektakulär“, fasst Morais zusammen. „Jedoch zeigen sie, dass nicht unbedingt die behördlichen Sorgen wegen Rassismus oder Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Diversität im Vordergrund stehen, sondern organisatorische und technische Probleme.“
Übrigens hat die Umfrage bereits vor einigen Monaten stattgefunden, inzwischen ist die Stephanus-Stiftung nicht mehr für die Unterkunft Haarlemer Straße zuständig. Seit Februar 2017 wurde ihr Betreibervertrag immer nur für eine kurze Laufzeit verlängert, insgesamt sieben Mal. Um besser arbeiten zu können, wollte die Stiftung Sicherheit für sechs bis zwölf Monate. Das hat das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten abgelehnt. Am 1. Mai hat deshalb der landeseigene Betrieb die Leitung übernommen.
Auszug wegen Wasserschaden
Mit 262 Personen ist die Einrichtung derzeit nur knapp zur Hälfte belegt. Wegen Wasserschäden mussten im April rund 300 Geflüchtete die Unterkunft verlassen und an die Chris-Gueffroy-Allee in Treptow ziehen.
Die Sanierung sei aber in vollem Gange, teilt Monika Hebbinghaus, Pressesprecherin des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten, auf Anfrage mit. „Die Schäden in den betroffenen Fluren wurden behoben, nasse Bauelemente ausgetauscht und erneuert, umfangreiche Dichtungsarbeiten vorgenommen.“ Einige weitere Arbeiten, zum Beispiel an den Dächern, stünden noch aus. Seien sie erledigt, könnten die Wohneinheiten wieder bezogen werden.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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