Wildnis-Paradiese kontra Angsträume
Rodungen rund um die Gutschmidtstraße stoßen bei Naturschutzorganisation und Anwohnern auf Kritik
Vor Kurzem waren Mitarbeiter des Grünflächenamts unterwegs und haben in der Grünanlage an der Gutschmidtstraße viele Sträucher stark beschnitten oder entfernt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) kritisiert dieses Vorgehen. Auch einige Anwohner und Spaziergänger sind irritiert.
Es ist nicht zu übersehen: Der Grünzug, der hinter der Post und Kaufland entlangläuft und weiter in Richtung Gropiusstadt führt, ist stark ausgelichtet. Sträucher sind verschwunden oder nur noch in Resten vorhanden. Eine Anwohnerin spricht von einem „großflächigen Weghäckseln von Brutflächen“.
Der Bund beklagt, dass auf über 130 000 Quadratmetern „überwiegend wertvolle heimische Sträucher der Säge zum Opfer gefallen“ seien. Das Grünflächenamt habe sich nicht an das „Handbuch Gute Pflege“ gehalten, das 2016 vom Senat als Leitfaden herausgegeben wurde. „Ansonsten wäre erkannt worden, dass sich hier ein hierzulande selten artenreicher Bestand von alleine angesiedelt hat, mit reichlich Schlehen, Hartriegel, Hasel, Holunder, Liguster, Rotdorn und dergleichen“, so der Bund. Vogelschutzhecken wären beispielsweise ein guter Plan gewesen, um sich die Konkurrenz von Spitzahorn & Co. vom Halse zu schaffen. Fazit der Naturschützer: „Was woanders mit viel Geld mühselig aufgepäppelt wird, räumt man in Neukölln einfach ab.“
Das sieht Bürgermeister Martin Hikel (SPD), der auch für das Grünflächenamt verantwortlich ist, anders. „Schule und Kita im Umfeld haben zu Recht auf Vermüllung hingewiesen, auch durch Drogenkonsum. Deshalb war es geboten, an manchen Stellen Sträucher herunterzuschneiden“, sagt er. Er wolle einschreiten, bevor Angsträume entstehen können. Grünräume seien zur Erholung für alle da. Außerdem hätten die Arbeiter auch Totholz aus den vergangenen trockenen Jahren aufgeräumt. „Alles wurde mit der unteren Naturschutzbehörde abgestimmt. Nach dem Schnitt haben die gesunden Sträucher nun wieder mehr Platz zum Wachsen“, so der Bürgermeister.
Der Bund glaubt, dass das Vorgehen des Amts einem Prinzip folgt. Es gebe ein bezirkliches Nord-Süd-Gefälle, bei dem der U-Bahnhof Britz-Süd eine Art Grenze bilde. „Während es im Norden dem Strauchwerk gern radikal an den Kragen geht, um sogenannte Sichtbeziehungen beispielsweise zu bestimmten Bauwerken herzustellen oder ‚Angsträume’ zu beseitigen, so duldet man südwärts kleine Wildnis-Paradiese und Naturheckenpartien wie im Rudower Nordpark“, so ein Sprecher. Er fordert eine Qualifizierung des für die Grünpflege zuständigen Personals, nur so sei Naturschutzförderung möglich. Außerdem solle das „Handbuch Gute Pflege“ als dienstinterne Richtlinie eingeführt werden.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.