Wenn Lachen zur Therapie gehört
Die Clownsprechstunde hilft krebskranken Kindern, die Behandlung besser anzunehmen

Lilou schlägt die Trommel beim Auftritt der Clowns Kalli und Carlos. | Foto: Maurizio Gambarini / FUNKE Foto Services
  • Lilou schlägt die Trommel beim Auftritt der Clowns Kalli und Carlos.
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  • hochgeladen von Petra Götze

Gespannt sind alle Augen auf die kleinen weißen Bälle gerichtet: Wird der Jongleur es schaffen, alle in der Luft zu halten, während Lilou im Takt der Musik die Trommel schlägt? Die Vorstellung der Clowns Kalli und Carlos, dem Jongleur, ist an diesem Nachmittag gut besucht. Sie findet allerdings nicht im Zirkus oder auf einer Bühne statt, sondern im Aufenthaltsraum der Kinderonkologie im Klinikum Buch.

Die kleinen Patienten sitzen allein, mit den Eltern oder anderen Angehörigen auf dem großen Sofa und lachen oder staunen über die Albernheiten der Clowns. Die zehnjährige Lilou ist erst seit einem Tag in der Kinderklinik, lässt sich begeistert auf die Jongliernummer ein und trommelt perfekt im Takt. Sie spielt auch Klavier wie ihr Großvater, der ebenfalls den Clowns zuschaut. „Wir wollen trotz ihrer Krankheit viele schöne Momente schaffen, doch die Angst ist immer da“, sagt Lilous Mutter leise, um die Vorstellung nicht zu stören. Ihre einzige Tochter hat einen bösartigen Tumor im Fuß und wird für die Behandlung lange auf der Station bleiben müssen.

„Wir sind wegen ihrer Schmerzen von einem Arzt zum anderen gerannt. Es hieß, das seien Wachstumsschmerzen – bis die Krebsdiagnose kam“, erzählt Lilous Mutter. Sie bewundert ihre Tochter dafür, wie tapfer sie die Krankheit erträgt. Lilou geht in die fünfte Klasse und während sie im Krankenhaus ist, sitzt für sie ein Avatar im Klassenzimmer, ein kleiner Roboter mit Kamera und Mikrofon, durch den sie den Unterricht verfolgen kann. „Lilou hat so viel Lebensfreude. Wir hoffen auf ein Wunder“, sagt ihre Mutter, während die Zehnjährige über Clown Carlos lacht.

Auch Patrick Hundsdörfer, Leiter der Kinder- und Jugendklinik in Buch, schaut einen Moment den Clowns zu. „Ich sehe sie nicht als bloße Spaßmacher, sondern als Teil unseres therapeutischen Betreuungskonzeptes“, sagt der Arzt, „allerdings können wir sie nicht bei der Krankenkasse abrechnen.“ Die regelmäßigen Clownsprechstunden werden durch Spenden über den Verein „Icke in Buch“ finanziert, wie auch Musik- oder Kunsttherapien. „Die Clowns sind unglaublich hilfreich für unsere Arbeit. Die Kinder verlieren durch sie ihre Angst und nehmen die Behandlung besser an. Selbst die Eltern entspannen sich“, berichtet der Arzt.

„Wir sehen wieder das Kind und nicht nur den Patienten“, erklärt Clown Kalli Pawlitschko, der an diesem Nachmittag mit Carlos, dem Spanier, auf der Station unterwegs ist. „Heute war mal Showtime mit vielen Zuschauern, aber wenn wir in die Behandlungszimmer gehen, treten wir anders auf“, sagt der 74-Jährige, der 1992 gemeinsam mit seinem Bruder Sven ein Bündnis für Klinikclowns gegründet hat. Seine Clownrolle ist für ihn Berufung, und er versucht, sich in jeden der jungen bis sehr kleinen Patienten hineinzufühlen. „Mit einem Kind, das ganz frisch die Diagnose Krebs bekommen hat, gehe ich natürlich anders um als mit einem, das schon wochenlang behandelt wird und die Clowns schon kennt“, sagt er. Ihm und den anderen vier Clowns der Sprechstunde gelingt es immer wieder, etwas Leichtigkeit und Unbeschwertheit in den Klinikalltag zu bringen. Egal ob mit Jonglieren, Singen oder Akrobatik – jeder Clown hat ein besonderes Talent.

„Der Pflegeaufwand ist in der Kindermedizin viel höher als in der Erwachsenenmedizin. Gerade auch wenn es um Blutabnehmen oder Spritzen geht.“, sagt Hundsdörfer. Clown Kalli hat da einen Trick: „Ich jammere, dass ich gehört habe, dass die Spritze so doll wehtut, und ich eine Riesenangst davor habe. Dann wird das Kind mutig und will mir beweisen, dass das gar nicht so schlimm ist“, sagt er. Das Schöne sei, dass die Clowns sehr viel improvisieren und aus der Situation heraus reagieren können. „Es passiert vieles zufällig, man kann es nicht planen, sondern muss sich in die Situation hineinfühlen“, sagt Kalli Pawlitschko.

„Für die Kinder, die oft monatelang hier in Behandlung sind, bieten die Clowns eine Möglichkeit, Frust abzubauen und die Langeweile zu durchbrechen“, sagt Hundsdörfer. Pro Jahr erkranken 2000 Kinder in Deutschland vor ihrem 15. Lebensjahr an Krebs. Doch die Heilungschancen seien sehr gut, die Methoden haben sich weiterentwickelt und die Medikamente würden von Kindern besser vertragen als von Erwachsenen, erklärt der Leiter der Kinderklinik. Dennoch sind die Behandlungen auch aufgrund ihrer Dauer belastend und mit Schmerzen und Nebenwirkungen verbunden. Patrick Hundsdörfer kann sich auch noch weitere Einsatzgebiete für die Clowns vorstellen, etwa bei der Vorbereitung zu einer Operation oder in der Neurologie.

Autor:

Petra Götze aus Mitte

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