Geschichte des „Fläzsteins"
Wie ungehobelten Burschen Anstand gelehrt wurden

Teile des zerschnittenen „Fläzsteins“ sind in der Grünanlage neben dem Dorfteich zu sehen. | Foto: Foto: Schilp
3Bilder
  • Teile des zerschnittenen „Fläzsteins“ sind in der Grünanlage neben dem Dorfteich zu sehen.
  • Foto: Foto: Schilp
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Neben dem Buckower Dorfteich sind Reste eines ganz besonderen Naturdenkmals zu besichtigen: des „Fläzsteins“, einst Treffpunkt der Jugend, später Erinnerungsort an Kaiser Wilhelm I. Zunächst war er flach, später wurde er aufgerichtet.

Der Legende nach hatte ein wütender Riese in dunklen Vorzeiten den mehr als zwei Meter hohen Findling vom Müggelberg auf den Buckower Kirchturm schleudern wollen. Doch glücklicherweise verfehlte er sein Ziel um ein ganzes Stück. Jahrhundertelang lag der riesige Brocken am Dorfrand.

„Meinen Recherchen nach muss das im Bereich des heutigen Rufacher Weges, Breitunger Weges und der Marienfelder Chaussee gewesen sein“, sagt Hartmut Christians, Autor des Buches „Alt-Buckower Geschichte(n).“ Otto Ruden, Lehrer im Ruhestand, schrieb 1926 über den Fläzstein: „Sein flacher Rücken lud zur Rast ein. Zur Sommerzeit fanden sich gern die Dorfknaben zum gemeinsamen Spielen und Streifen durch Feld und Busch ein.“ Und zu späterer Stunde trafen sich hier Liebespaare zum geheimen Stelldichein.

Seinen Namen erhielt der Findling aufgrund eines alten Brauches. Häufig kamen nämlich fremde Burschen ins Dorf, um sich eine Zeit lang als Knechte bei den Buckower Bauern zu verdingen. Viele fielen durch ihren „Fläz“ auf, durch schlechtes, rohes Benehmen. Aber das duldeten die Alteingesessenen nicht.

Ruden berichtet: „Darum war es Sitte, die Zugezogenen eines Abends an den Fläzstein zu führen, auf den diese sich setzen mussten. Dann sagte ein Großknecht: ,Dies ist unser Fläzstein, hier werden wir euch den Fläz austreiben, den können wir in unserem Dorf nicht brauchen.’ Damit hoben vier Alte die Neulinge einem nach dem andern hoch und stauchten ihn einige mal kräftig mit dem Gesäß auf den Stein.“

1897 beschlossen die Buckower, den imposanten Stein dem ersten deutschen Kaiser zu widmen, der in dem Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Im Winter, die Schneeverhältnisse waren gut, schleppten sie ihn auf Schlittenkufen zum Dorfeingang – immerhin über einen halben Kilometer weit. „Er stand ungefähr dort, wo sich heute die große Uhr befindet, zwischen der Kreuzung Alt-Buckow/Buckower Damm und Taxistand“, erklärt Autor Christians. Der Findling wurde mit einem riesigen Adler gekrönt. Auf einer Tafel stand zu lesen: „Kaiser Wilhelm I. 1797-1897. Der Kriegerverein und die Gemeinde Buckow.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Denkmal zerschnitten. „Ich denke, das war einfach der Zeitgeist, man wollte mit der Vergangenheit abschließen“, sagt Christians. Ein paar Brocken landeten am Dorfteich, also am entgegengesetzten Ende des Angers. Wenige Meter davon entfernt erinnert der Fläzsteinpfad an das Naturdenkmal. Er verbindet den Rufacher Weg mit Alt-Buckow und erhielt am 1. September 1968 seinen Namen. Fürs Kaiser-Denkmal wurde der Stein aufgerichtet.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

29 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 672× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 1.340× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 997× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.441× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.344× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.