Spezialfall Rudolf-Wissell-Brücke: Neubau-Projekt ist in seiner Komplexität einmalig
Charlottenburg. Die gerade in Angriff genommene Fahrbahnsanierung der Rudolf-Wissell-Brücke und die laufenden Sicherungsmaßnahmen an der Westendbrücke sind nur Vorboten der gewaltigen Sanierungs- und damit auch Stauwelle, die auf die Nutzer der A 111 und A 100 in den 2020er-Jahren zurollt. Weit oben auf der Agenda: Abriss und Neukonstruktion der Rudolf-Wissell-Brücke.
Im Auftrag des Senats plant die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH die Runderneuerung der 13 Kilometer langen, vierspurigen Autobahn von der nördlichen Grenze zu Brandenburg bis runter zur Westendbrücke, für deren Neubau das Planfeststellungsverfahren bereits läuft. Auf der Trasse befinden sich stolze 264 Ingenieurbauwerke, die sorgfältig auf ihren Zustand geprüft und dann saniert oder neu errichtet werden müssen. Das veranschlagte Investitionsvolumen beträgt 740 Millionen Euro.
Dem Verkehr nicht mehr gewachsen
Fest steht bereits, dass die Rudolf-Wissell-Brücke komplett erneuert werden muss. Eine Verstärkung oder Sanierung ist nicht möglich, die in den Jahren 1958 bis 1961 errichtete Verbindung zwischen dem Charlottenburger Dreieck und dem Spandauer Damm ist der heutigen und künftigen Verkehrslast und -menge einfach nicht mehr dauerhaft gewachsen.
Laut DEGES-Bereichsleiter Andreas Irngartinger wird der Ersatzneubau eine höchst kniffelige Angelegenheit. Die Brücke an sich hat im Vergleich zu den meisten Autobahnbrücken nur einen Überbau anstatt zwei. Die klassische Lösung, die eine Hälfte der Brücke zu erneuern und während dieser Zeit den Verkehr auf die andere Hälfte umzuleiten, fällt damit aus. „Wenn wir das simulieren wollten und den Überbau in der Mitte durchschneiden würden, würde die Brücke einstürzen“, so Irngartinger. Stützmaßnahmen wären zu aufwendig.
Ausweichen unmöglich
Zwei weitere Umstände machen die Rudolf-Wissell-Brücke zu einem Spezialfall: die verkehrliche und die innerstädtische Lage. „Ein zentrales Thema ist für uns immer, den Verkehr aufrechtzuerhalten. Es gibt aber keine Ausweichstrecken. Wer über den Fürstenbrunner oder Tegeler Weg fährt, steht bereits jetzt im Stau“, erklärt Irngartinger. Dazu sei die Brücke in ein äußerst sensibles Umfeld eingebettet. „Wasser, Schleuse, Bahnanlagen, Kleingärten, zentrale Stromeinspeisung für die Innenstadt. Wie bekommen wir das alte Bauwerk weg? Wo hat das neue Platz und wie lässt es sich innerhalb der Baustelle bewegen?“
Wegen der großen Anforderungen an die Planung habe die DEGES einen neuen Weg im Straßenbau beschritten und europaweit einen Wettbewerb ausgerufen. Sechs Ingenieursgruppen hätten sich beworben und würden gerade Vorschläge erarbeiten. „Der Sieger wird im ersten Quartal 2018 bekanntgegeben“, sagt Irngartinger. Der genaue Baubeginn stehe also noch nicht fest. „Aber nicht vor 2022.“ maz
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.