Neue Tatkraft im Norden Aufbruchstimmung prägt Kiezgespräch
Jawohl, fast alle haben schon bei ihm gegessen - und die wenigsten machen daraus einen Hehl. Erdogan Tekin ist der Mann, der den Kiez satt macht, wenn es mal schnell gehen muss. In Sachen Döner gilt sein "Halem-Grill" als Institution. Klar, dass Tekin nun auch mit in der Runde von vernetzungswilligen Unternehmern saß. Und da fand sich der Schnellgastronom wieder zwischen Versicherungsunternehmern, Industriechefs und einem Ingenieurbüro, das den Flughafen BER betreut. Die Spanne reichte von Julia Grellmanns familiärer Musikschule "Black and White" bis zum aufstrebenden Cateringbetrieb Thamm.
Mit ihnen am Tisch: Experten der Berliner Bank und der IHK an der Seite von Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) - einem Kiezkenner und Kind des Nordens. In eben dem Haus, wo heute im Erdgeschoss Dönerspieße rotieren, ging einstmals der junge Naumann seine ersten Schritte. "Das ist der Pudding, in dem ich groß geworden bin", sagte der Bürgermeister. Und verbuchte die Aufwärtsentwicklung als Verdienst der Unternehmer. Mit der Wirtschaftsförderung, die in seinem Ressort angesiedelt ist, will Naumann dafür Sorge tragen, dass Neuansiedlungen auch künftig unbürokratische Unterstützung erhalten.
Aber wo steht denn nun der Norden? Jedenfalls viel weiter vorn als 2005. Gegenüber damals sieht Karsten Busack vom "Reichelt"-Markt am Heckerdamm einen Quantensprung. "Zu der Zeit wollte ich noch mit einer Rolle rückwärts wieder aus der Gegend raus." Jugendbanden, die abends vor der Tür lungern, seien aus dem Stadtbild verschwunden. Dafür genössen vermehrt junge Familien ihr Dasein abseits der City-Hektik. Busacks Fluchtgedanken sind einem Gestaltungswillen gewichen: "Ich lebe ja von diesem Kiez."
Was denn die akuten Sorgen sind, sahen viele in der Runde naturgemäß verschieden. Erdogan Tekil würde am liebsten eine Bannmeile einführen, die ihn vor der Ansiedlung anderer Dönergrills schützt, während der Besitzer einer Karaokebar Tourismuswerber für sich einspannen will.
Solche Regulierung ist freilich nicht möglich. Aber es gibt auch Möglichkeiten, wie Politik und Wirtschaft Verbesserungen anleiern können. "Geht es nicht ein bisschen schöner?", hieß eine der prägenden Fragen. Gegen tristes Grau, wie sie manche Geschäftsleute beklagen, kämen Baumpatenschaften in Frage. Und bei der Verschönerung der Caprivibrücke helfe eine Spendenkampagne in Verbindung mit Fördergeldern.
Malermeister Botho Fernow ist jedenfalls bereits am Werk, auf dass ihm jemand mit Geld und Einsatz beisteht, wenn die Farbe zu Neige geht. Überhaupt scheint das gemeinschaftliche Handeln den Konkurrenzdruck zu überlagern. So ist die Lage im Norden: Die Kaufkraft könnte höher sein - der Gemeinsinn und die Tatkraft hingegen kaum.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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