Stele erinnert an Kultur und NS-Vergangenheit der Kolonie Alsen
Wannsee. Gefertigt nach einem Entwurf von Karin Rosenberg, erinnert eine Informationsstele seit dem 9. September an der Ecke Königstraße, Am Großen Wannsee an die besondere kulturelle Bedeutung der Villenkolonie Alsen sowie deren speziellen Rolle während des Nationalsozialismus.
Die Kolonie Alsen, benannt nach der gleichnamigen dänischen Ostseeinsel, gilt neben dem Dorf Stolpe und der Kolonie Wannsee als eine der Keimzellen des heutigen Zehlendorfer Ortsteils Wannsee. Wie auch auf der gegenüber liegenden Insel Schwanenwerder konzentrieren sich hier Licht und Schatten deutscher Geschichte. Darauf verweisen die Stelentexte von Michael Haupt und Gideon Botsch.
Der Bankier Wilhelm Conrad erwarb ab 1863 am nördlichen Ufer des Kleinen und am westlichen Ufer des Großen Wannsees mehrere Parzellen. Er beauftragte den Berliner Gartenbaudirektor Gustav Meyer, eine Villenkolonie in Form eines Hippodroms zu entwerfen. Die Mehrzahl der Parzellen verkaufte der umtriebige Bankier an Industrielle, Bankiers, Künstler, Wissenschaftler und Verleger. Prominente Bewohner waren unter anderem der Maler Max Liebermann sowie die Verleger Carl Langenscheidt und Ferdinand Springer. Die Villa Liebermann, Colomierstraße 3, erinnert heute als Museum an Leben und Werk des bedeutenden Malers.
Nach 1933 wandelte sich der Charakter des großbürgerlichen Villenvororts. Juden oder „jüdische Mischlinge“ wurden enteignet und vertrieben. Einrichtungen des NS-Regimes machten sich breit. Ins Landhaus Oppenheim zog 1937 das „geheime Ostforschungs-Institut“ des Sicherheitsdienstes des Reichsführers SS (SD) ein. Es erstellte Gutachten über Osteuropa und war an Vorbereitungen zum Überfall auf Polen 1939 und auf die Sowjetunion 1941 sowie an Aktionen der SS-Einsatzgruppen beteiligt.
Die Villa Marlier, Am Großen Wannsee 56/58, wurde „.Gästehaus des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD“. Am 20. Januar 1942 wurde hier in der berüchtigten Wannsee-Konferenz die Ermordung der europäischen Juden beschlossen. Heute beherbergt die Villa die Gedenk- und Bildungsstätte „Haus der Wannsee-Konferenz“. In der Königstraße 71 befand sich seit 1937 das Institut für Staatsforschung, das dem Reichsführer-SS Heinrich Himmler zuarbeitete.
1945 war die Gegend um den Großen und Kleinen Wannsee noch Schauplatz sinnloser Abwehrkämpfe gegen die einrückende Rote Armee. Ein Großteil der herrlichen Villen wurde dabei zerstört.
Viele der verwaisten oder geplünderten Häuser dienten nach Kriegsende als Krankenhäuser und Freizeiteinrichtungen der Alliierten oder sie wurden zu Schullandheimen umgestaltet. Der Bauboom und die damit verbundenen Bausünden der 1970er-Jahre besorgten den Rest.
So musste auch die „Villa Alsen“ – Wilhelm Conrads Sommersitz – dem Bau einer Appartementanlage und eines Hotels weichen. m.k.
Autor:Michael Kahle aus Mitte |
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