Buch über das Schicksal desertierter Nato-Soldaten

Adkins: Einer von zehn Nato-Soldaten, die die Seiten wechselten - vom Westen in die DDR. | Foto: Alliierten Museum. Ch.Links Verlag Berlin
  • Adkins: Einer von zehn Nato-Soldaten, die die Seiten wechselten - vom Westen in die DDR.
  • Foto: Alliierten Museum. Ch.Links Verlag Berlin
  • hochgeladen von Karen Noetzel

Dahlem. Der Politikwissenschaftler Peter Köpf hat das Schicksal von zehn Überläufern verfolgt. Am Donnerstag, 8. August, 19 Uhr, stellt der Autor sein spannendes, gut recherchiertes Sachbuch "Wo ist Lieutenant Adkins? Das Schicksal desertierter Nato-Soldaten in der DDR" im Alliierten Museum, Clayallee 135, vor.

Eine Woche vor seinem 23. Geburtstag, am 12. Januar 1954, tat William D. Adkins etwas Verrücktes - aus unerwiderter Liebe, wie er vorgab. Der Leutnant der US-Armee desertierte und lief zu den Sowjets in der Garnison Amstetten in Österreich über. Dort bat er um politisches Asyl. Als Gründe nannte Adkins unter anderem seine Ablehnung gegenüber der amerikanischen Außenpolitik und die Rassendiskriminierung in den Vereinigten Staaten. In der Sowjetzone habe er Menschen angetroffen, die wirklich Frieden wollten.

Am 9. März wurde Adkins verlegt und traute seinen Augen nicht: Er war den Ostdeutschen übergeben worden. Er erhielt den Namen "Jack Foster" und sollte für die Staatssicherheit arbeiten. Im September des Jahres schrieb sich William Adkins als John Reed für ein Journalistik-Studium an der Universität Leipzig ein, heiratete und arbeitete als Reporter für den DDR-Rundfunk in Ostberlin. 1963 verschwand John Reed von der Bildfläche.

Der Politikwissenschaftler Peter Köpf nahm die Spur auf und konnte das Geheimnis um das Verschwinde klären. Adkins und ein Komplize lockten am Bahnhof Friedrichstraße einen jungen Westdeutschen zunächst in eine Bar im Ostteil der Stadt und später in eine Privatwohnung, wo sie ihn betäubten und seinen Reisepass, das Tagesvisum, 15 D-Mark und einige Kleidungsstücke abnahmen. Mit den gestohlenen Papieren passierte Adkins, der neun Jahre zuvor beschlossen hatte, sein Leben für den Kommunismus zu geben, problemlos den Grenzposten an der Friedrichstraße und fuhr mit dem Zug nach Kreuzberg. Seither hat niemand mehr etwas von ihm gehört oder gesehen.

Stimmen also Adkins Beweggründe und seine vorgebliche politische Gesinnung etwa gar nicht? Sollte er nur die kommunistischen Geheimdienste einlullen und William Adkins glaubwürdig wirken lassen - als Agent der anderen Seite? Peter Köpf hat Hinweise gefunden, die Letzteres möglich erscheinen lassen. In einer 1982 gemachten Aussage erklärte seine ostdeutsche Ex-Ehefrau, ihr geschiedener Ehemann habe für den "CIC", eine Militärstrafverfolgungsbehörde der US-Armee gearbeitet.

Eine unglaubliche Geschichte, die jede Fiktion übertrifft. Dass Soldaten aus der DDR in den Westen flüchteten, ist bekannt. Dass es auch Nato-Soldaten in umgekehrter Richtung taten, ist ein vergessenes Kapitel des Kalten Krieges. Peter Köpf hat es aus einer neuen, ungewohnten Perspektive geschrieben. Es sind private Geschichten von Deserteuren, die die Stasi "Freunde" nannte, aber wie Feinde behandelte.

Peter Köpf: "Wo ist Lieutenant Adkins? Das Schicksal desertierter Nato-Soldaten in der DDR". Ch. Links Verlag. 224 Seiten, ISBN 9783861537090, 19,90 Euro.
Karen Noetzel / KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

20 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 279× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 245× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 633× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.213× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.