Nur gute Deutschkenntnisse öffnen Tür zum Arbeitsmarkt
Zehlendorf. "Ich möchte einfach arbeiten, ich bin ein Ehrenmann. Außerdem möchte ich beschäftigt sein, um nicht über den Krieg und die Vergangenheit nachzudenken", erzählt Ismael Ibraahim inmitten des Gewusels im Bürgersaal des Rathauses Zehlendorf.
Rund 300 potentielle Arbeitnehmer versuchten bei der kürzlich veranstalteten ersten Jobbörse für Flüchtlinge in Steglitz-Zehlendorf, Kontakt mit Unternehmen aufzunehmen. Laut der Integrationsbeauftragten Marina Roncoroni gibt es derzeit rund 1000 Flüchtlinge im Bezirk, die seit mindestens drei Monaten registriert sind und somit arbeiten dürften. Einer von ihnen ist Ismael Ibraahim.
"Arbeit durch Management", liest der Somalier den Slogan auf einem Pappaufsteller und lacht. Er versteht nicht alles auf Deutsch, aber die wichtigsten Worte kennt er. "Arbeit is work!" Wieder lacht der 43-Jährige. Als Fischer hat er keine Chance, denselben Job in Berlin zu finden. Deswegen steuert er fast jeden der 28 Aussteller an und hört genau zu. Die Kommunikation findet auf Englisch statt.
Zu Beginn geht er auf den Stand einer Zeitarbeitsfirma zu, an dem viele verschiedene Stellenausschreibungen ausliegen. Das Problem sind seine ungenügenden Sprachkenntnisse. Das Niveau B1 wird verlangt, der 43-Jährige macht gerade einen A1-Kurs, liegt also darunter. Die nächste Stufe ist A2 und befindet sich dazwischen.
An einem Stand mit Werbegeschenken nimmt er sich einen Luftballon und einen Lutscher. "Für meinen Sohn. Wenn ich nach Hause komme, will er Geschenke", erklärt er und schmunzelt. Anwar ist vier Jahre alt und geht in den Kindergarten. Der Vierjährige kann besser Deutsch als sein Vater. Seit 19 Monaten leben sie in Deutschland, seit Anfang des Jahres in einer eigenen Wohnung. Das Asylverfahren läuft allerdings noch.
"Sie könnten Bäcker werden. Bäcker werden gerade gesucht", schlägt man ihm an einem anderen Stand vor. Allerdings müsse man um drei Uhr aufstehen. "Kein Problem. Ich stehe immer um zwei Uhr auf, um zu beten", entgegnet Ismael Ibraahim. Aber auch als Bäcker braucht er bessere Deutschkenntnisse. Genau wie bei einer Security-Firma. Ständig sagt man ihm, er müsse die Sprache lernen und beherrschen.
Mit einem Lächeln im Gesicht und stoischer Ruhe hat sich der Familienvater nun so gut wie alles angesehen und angehört. Er würde jedes der Angebote annehmen, sagt er. Die Art des Jobs sei ihm egal.
Zum Schluss kommt es zum ersten Kontakt mit dem Jobcenter. Eine halbe Stunde dauert es, bis er an der Reihe ist. Dann setzt er sich an den Tisch. Eine Bearbeiterin nimmt seine Daten auf. Am Ende gibt er ihr die Hand und steht breit grinsend auf. "Sie rufen mich in sechs Monaten an. Und bis dahin habe ich Zeit, das Sprachniveau A2 zu schaffen", sagt er entschlossen. NL
Autor:Nikolai Liermann aus Mitte |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.