Nur gute Deutschkenntnisse öffnen Tür zum Arbeitsmarkt

Arbeit bedeutet für den Somalier Ismael Ibraahim (43) auch beschäftigt zu sein. | Foto: Nikolai Liermann
  • Arbeit bedeutet für den Somalier Ismael Ibraahim (43) auch beschäftigt zu sein.
  • Foto: Nikolai Liermann
  • hochgeladen von Nikolai Liermann

Zehlendorf. "Ich möchte einfach arbeiten, ich bin ein Ehrenmann. Außerdem möchte ich beschäftigt sein, um nicht über den Krieg und die Vergangenheit nachzudenken", erzählt Ismael Ibraahim inmitten des Gewusels im Bürgersaal des Rathauses Zehlendorf.

Rund 300 potentielle Arbeitnehmer versuchten bei der kürzlich veranstalteten ersten Jobbörse für Flüchtlinge in Steglitz-Zehlendorf, Kontakt mit Unternehmen aufzunehmen. Laut der Integrationsbeauftragten Marina Roncoroni gibt es derzeit rund 1000 Flüchtlinge im Bezirk, die seit mindestens drei Monaten registriert sind und somit arbeiten dürften. Einer von ihnen ist Ismael Ibraahim.

"Arbeit durch Management", liest der Somalier den Slogan auf einem Pappaufsteller und lacht. Er versteht nicht alles auf Deutsch, aber die wichtigsten Worte kennt er. "Arbeit is work!" Wieder lacht der 43-Jährige. Als Fischer hat er keine Chance, denselben Job in Berlin zu finden. Deswegen steuert er fast jeden der 28 Aussteller an und hört genau zu. Die Kommunikation findet auf Englisch statt.

Zu Beginn geht er auf den Stand einer Zeitarbeitsfirma zu, an dem viele verschiedene Stellenausschreibungen ausliegen. Das Problem sind seine ungenügenden Sprachkenntnisse. Das Niveau B1 wird verlangt, der 43-Jährige macht gerade einen A1-Kurs, liegt also darunter. Die nächste Stufe ist A2 und befindet sich dazwischen.

An einem Stand mit Werbegeschenken nimmt er sich einen Luftballon und einen Lutscher. "Für meinen Sohn. Wenn ich nach Hause komme, will er Geschenke", erklärt er und schmunzelt. Anwar ist vier Jahre alt und geht in den Kindergarten. Der Vierjährige kann besser Deutsch als sein Vater. Seit 19 Monaten leben sie in Deutschland, seit Anfang des Jahres in einer eigenen Wohnung. Das Asylverfahren läuft allerdings noch.

"Sie könnten Bäcker werden. Bäcker werden gerade gesucht", schlägt man ihm an einem anderen Stand vor. Allerdings müsse man um drei Uhr aufstehen. "Kein Problem. Ich stehe immer um zwei Uhr auf, um zu beten", entgegnet Ismael Ibraahim. Aber auch als Bäcker braucht er bessere Deutschkenntnisse. Genau wie bei einer Security-Firma. Ständig sagt man ihm, er müsse die Sprache lernen und beherrschen.

Mit einem Lächeln im Gesicht und stoischer Ruhe hat sich der Familienvater nun so gut wie alles angesehen und angehört. Er würde jedes der Angebote annehmen, sagt er. Die Art des Jobs sei ihm egal.

Zum Schluss kommt es zum ersten Kontakt mit dem Jobcenter. Eine halbe Stunde dauert es, bis er an der Reihe ist. Dann setzt er sich an den Tisch. Eine Bearbeiterin nimmt seine Daten auf. Am Ende gibt er ihr die Hand und steht breit grinsend auf. "Sie rufen mich in sechs Monaten an. Und bis dahin habe ich Zeit, das Sprachniveau A2 zu schaffen", sagt er entschlossen. NL

Autor:

Nikolai Liermann aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 89× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 759× gelesen
Gesundheit und Medizin
Das Dominikus Krankenhaus informiert zur Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Moderne Behandlung bei Hüft- und Knieschmerzen
Informationsabend Robotik-Chirurgie

Hüft- und Knieschmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität und werden oft durch Verschleiß, Unfälle oder Fehlstellungen verursacht. Moderne Technologien wie die Robotik-Chirurgie bieten neue Möglichkeiten für eine präzisere und minimalinvasive Behandlung. Am 4. Januar laden wir Sie herzlich zu einem Informationsabend ein, bei dem Chefarzt Tariq Qodceiah, Leiter des Caritas Hüftzentrums, die Vorteile der Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen erläutert. Er erklärt, wie diese innovative...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 80× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.