Rechtwinklig und ein wenig schräg: Mit Stadtgänger Bernd S. Meyer am Boxhagener Platz

25. Februar 2017
11:00 Uhr
Boxhagener Platz, 10245 Berlin

Friedrichshain. Der Boxhagener Platz ist weit über den Kiez hinaus bekannt. Seit den 90ern zogen viele junge Leute wegen der damals niedrigen Mieten hierher, und so galt die Gegend zwischen Frankfurter Allee und Bahnhof Ostkreuz bald als hipppes Wohnquartier neuester Friedrichshainer Mischung.

Die Fünfgeschosser stehen seit der vorletzten Jahrhundertwende dicht an dicht an den vier Straßen um das Platzkarree. Nur zwei, drei von ihnen sieht man die Herkunft aus den frühen Fünfzigern an, Lückenschlüsse nach Kriegszerstörungen. Namen der Erdgeschoss-Ladenlokale sind neueren Datums. Gefühlte 70 Prozent davon dienen der Gastronomie, lassen vermuten, dass in Obergeschossen ringsum Selberkochen nicht mehr so populär ist.

Es gibt die „Feuerwache“ mit gefährlich heißen Herdplatten, das vegane „1990“, vermutlich nach dem Geburtsjahr pfiffiger vietnamesischer Betreiber. Ein „Burgeramt“, Lokale mit arabischer, lateinamerikanischer, französischer Küche, eine Espressobar namens "mokofuk", altberlinisch Muckefuck, das Budapester Kaffeehaus sorgen für erstaunliche Vielfalt. Tapfer hält sich die Raucherkneipe mit Hundenamen "Bloona". Unter einer Regenbogenfahne kämpft "Kurhaus Korsakow" mit seinem Speisenangebot gegen böse Folgen des Alkoholmissbrauchs. An der Grünberger Straße heißt der alternative Stadtteilladen korrekt wie unbequem nach dem polnischen Zielona Gora.

Eine quicklebendige Stadtgegend

Der„Boxi“-Sonnabendmarkt ist gut besucht. Wo es nach Wegfall vieler Industriearbeitsplätze erst einmal eher ärmlich zuging, Leerstand grassierte, Fassaden bröckelten, hat sich die Situation gedreht. Keine drei Kilometer östlich vom Alexanderplatz, zentrumsnah, verdreifachten sich in zehn Jahren die Grundstückspreise und entsprechend teuer wurden viele Wohnungen bei Neuvermietung. Gentrifizierung geht um.

Die Gartenstraße ist die älteste der Straßen, sie heißt seit 1882 nach Blumengärtnereien der damaligen Kolonie Friedrichsberg. Der Name Boxhagen stammt von jenem Berliner Vorwerk, das hier schon Ende des 16. Jahrhunderts nachgewiesen ist und seit Anfang des 19. Jahrhunderts als Gutsbezirk zum Kreis Niederbarnim gehörte. 1912 kam die Gemeinde zur Stadt Lichtenberg und mit ihr acht Jahre später zu Groß-Berlin. Der nächste Wechsel folgte 1938, als der größte Teil von Boxhagen zu Friedrichshain geschlagen wurde.

Denkmalgeschützter "Zehnständer"

Schon 1878 gab es in Berlin die ersten gußeisern-grünen Pissoirs vom Magistratsbaurat Rospatt, als „Cafe Achteck“ hundertfach aufgestellt. Die aufstrebende Gemeinde wollte sie nicht Eins zu Eins übernehmen, und so steht auf dem „Boxi“ ein längliches Eisenhäuschen, der „Zehnständer“. Denkmalgeschützt, restauriert und buntbemalt ist es der Senior gegenüber zwei weiteren Pavillons auf dem als Gartendenkmal geschützten Platz. Den ließ 1929 der Magistrats-Stadtgartendirektor Erwin Barth aufwendig begrünen.

Auf der nahen Wühlischstraße und der Boxhagener Straße fahren Straßenbahnen. Die Boxhagener schlägt sich unbeeindruckt vom Straßenraster schräg durch das Viertel, folgt dem historischen Weg vom alten Frankfurter Tor vorbei am Vorwerk Boxhagen nach Rummelsburg. Ein Vergleich mit dem in New Yorks Stadtteil Manhattan ebenfalls schräg hindurchlaufenden Broadway wäre aber wohl weit mehr als Hochstapelei.

Die Führung mit Bernd S. Meyer, dem Mann mit der Leiter, beginnt am 25. Februar, 11 Uhr. Treff ist direkt am Platz, Krossener/Ecke Gärtnerstraße (Bus 240 bis Boxhagener Platz). BSM

Die Führung ist für Leser der Berliner Woche kostenlos. Allerdings ist eine Anmeldung erforderlich: am Freitag, 24. Februar, von 10 bis 12 Uhr anrufen unter 887 27 74 14.
Autor:

Bernd S. Meyer aus Mitte

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