Friedrichshain. Das ehemalige Abwasserpumpwerk an der Holzmarktstraße 33 hat sich inzwischen zu einer angesagten Adresse im Berliner Kulturleben entwickelt.
Dort befindet sich das Radialsystem V, das am 9. September 2006 an den Start ging und deshalb jetzt zehn Jahre alt wird.
Während dieser Zeit gab es dort aufsehenerregende Produktionen an den Schnittstellen von Musik und zeitgenössischem Tanz, Bildender Kunst und Neue Medien. Die Compagnie von Sasha Waltz gastiert regelmäßig im Haus, es fanden Konzerte statt, die die Besucher im Liegen genießen sollten, experimentelle Reihen oder ungewöhnliche Verbindungen, etwa wenn sich Klassik mit dem Sound der Clubs mischte.
Alles toll, alles schick und die beiden Gründerväter Jochen Sandig und Folkert Uhde sind von der Entwicklung ihres Babys auch begeistert. Die Vision, die der inzwischen verstorbene Regisseur und Intendant Ivan Nagel vor zehn Jahren von diesem Ort als Platz für kreatives Ausprobieren gezeichnet habe, sei doch in seinem Sinn erfüllt worden.
Beliebter Event-Ort
Auch bei einer Erfolgsgeschichte gibt es natürlich Punkte, die verbesserungswürdig wären. Für diesen Part waren vor allem die Geschäftsführerinnen Friederike Hofmeister und Janina Paul verantwortlich. Da das Radialsystem bisher keine institutionelle Förderung, sprich regelmäßige Subventionen, erhalte, müsse es seinen Unterhalt selbst verdienen. 1,8 Millionen Euro seien dafür nötig, rechnete Friederike Hofmeister vor.
Eingespielt werden die mit Veranstaltungen, Konferenzen, Medienproduktionen oder Empfängen. Aber auch damit hat sich das Radialsystem zu einer Visitenkarte für ganz unterschiedliche Nutzer entwickelt. Dieter Nuhrs "Satiregipfel", der regelmäßig in der ARD zu sehen ist, wird ebenso an der Holzmarktstraße produziert, wie bereits dessen Vorgänger "Nuhr im Ersten". Ebenso wie TV-Formate von Maybrit Illner bis Annette Dasch. Es finden Symposien von Bundesministerien statt, Verlage laden zu Jubiläen oder Get Together und auch als der Senat über die Entwicklung des Spreeraums diskutieren wollte, wählte er das Radialsystem als Gastgeber. Meist also hochkarätige Events, bishin zur "Berliner Rede", die der damalige Bundespräsident Horst Köhler 2007 hier gehalten hat.
Party am 9. September
Sie sorgten nicht nur für Geld in der Kasse, sondern brachten auch Kontakt zu manchen Entscheidungsträgern und festigten den Ruf. Es ist schick, sich am Spreeufer zu versammeln, den Blick auf die Umgebung und ihre Veränderungen zu werfen und die Mischung des Gebäudes aus altem Pumpwerk und neuem Anbau zu bestaunen.
Aber eben auch alles eng gestrickt, wie die Geschäftsführerinnen immer wieder betonten. Dass manches Mobiliar inzwischen in die Jahre gekommen sei, wäre auch den Verantwortlichen nicht unbemerkt geblieben. Aber das Geld werde an anderer Stelle dringender gebraucht. Und wer im Radialsystem gastiert, macht das häufig bereits mit einer Projekt- oder sonstigen Förderung im Hintergrund. "Die bringen ihre Finanzierung quasi selbst mit."
Nur so sind im Jahr rund 140 oft ganz besondere Vorstellungen möglich. Und es entwickelte sich nicht nur daraus ein Ort, wo auch Neues und manchmal auch Abseitiges diskutiert und künstlerisch verwertet wird.
So wie beim Geburtstagsforum am 5. September. Dabei ging es um die Kultur der Zukunft, festgemacht an "Zehn Herausforderungen". Sie beschäftigten sich unter anderem mit der Kultur in den Medien, Chancen und Risiken der Globalisierung, Kunst in der Gentrifizierungsfalle, dem Neuen in der Musik oder wie eine gerechte Kulturförderung aussehen könnte. Ein Thema auch in eigener Sache. Denn eine "langfristige strukturelle Förderung" ist ein Wunsch zum Zehnjährigen. Damit könnte Künstlern mehr Raum und Zeit zu besseren Konditionen zur Verfügung gestellt werden.
Der diskursiven Jubiläumsveranstaltung folgt am 9. September die Geburtstagsparty. Sie beginnt um 22 Uhr, DJ Ipek legt auf, Wegbegleiter, das Publikum und weitere Interessierte sind bei freiem Eintritt eingeladen. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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