Der ab Herbst 1989 erfolgte Bruch mit der Stagnation und der zentralistischen Bevormundung in der DDR, der mit einer zeitweiligen Implosion und Infragestellung der staatlichen Apparate einherging, ermöglichten auch im Rundfunk bisher Ungewohntes. In Ost-Berlin, Erfurt, Chemnitz, Dresden und Weimar entdeckten ab Mai 1990 Initiativen aus den lokalen alternativen Szenen den Rundfunk als Sprachrohr.
Anfangs wurde bei diesen unerlaubten Ausstrahlungen häufig der relativ rechtsfreie Raum sowie die Unsicherheiten der Behörden im Umgang mit nicht genehmigten Rundfunksendern genutzt. Die nach der Übernahme bundesdeutscher Gesetze gemachten Erfahrungen der Radioinitiativen waren unterschiedlich: Das im Prenzlauer Berg beheimatete Radio P unterbrach immer wieder seine Programme und verlor seinen Sender bei Polizei-Durchsuchungen. Während Radio F.R.E.l. in Erfurt zum Abbruch seines Sendebetriebes gezwungen wurde und Radio PT in Weimar diesen nach den Einschüchterungen eines Polizeieinsatzes ganz einstellte, hatte Radio T in Chemnitz keine solchen Auseinandersetzungen zu befürchten: Der Sender verzichtete auf illegale Ausstrahlungen. Das Dresdner BRN3 hingegen war im Schutz der Masse an Besucher*innen der Bunten Republik Neustadt, einem links-alternativen Stadtteilfest, ungestört zu empfangen. Verantwortlich waren Vertreter*innen des Zusammenschlusses der Freien Radios Ostdeutschland. Sie beklagten die Ausrichtung anderer Medien an politischen und ökonomischen Interessen.
Wir diskutieren mit Protagonist:innen aus dem Umfeld des schwarzen Kanals (Ost-Berlin, 1986),von Radio F.R.E.I. (Erfurt, seit 1990), Radio PT (Weimar, 1992), Radio BRN (Dresden-Neustadt, 1992/93), sowie dem Rundfunk-Forscher Alex Körner.
Teil der bundesweiten Veranstaltungsreihe 100 Jahre anderes Radio: https://anderesradio.de
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