Gesundbrunnen. Der Weddinger Ringerverein Berlin 09 e.V. in der Badstraße 41 nimmt an einer internationalen Kunstperformance teil. Der junge Verein will weitere Kultur- oder Kunstprojekte machen, „weil Sport auch als eine Art Kulturvermittler fungiert“, sagt Jugendwart Tolga Inaler.
25 kräftige Männer schreiten Schritt für Schritt in einer choreographierten Bewegung durch eine riesige Halle. Dabei balanciert die Gruppe eine schwere Holzkonstruktion auf den Schultern. Kameras filmen das rätselhafte Ritual.
Der Film wird in schwarzweiß ab 7. November in der Loock Galerie in der Potsdamer Straße 63 gezeigt und ist die neue Videoinstallation der polnischen Künstlerin Natalia Stachon. Gedreht wird am 22. August den ganzen Tag in einer Industriehalle an der Reinbeckstraße 9 in Oberschönweide.
Die 25 Darsteller sind Jugendliche vom Weddinger Ringerverein, die unheimlich stolz darauf sind, Teil dieses internationalen Kunstwerks zu sein. „Wir wollen Sport mit Kunst zusammenbringen und gemeinsame Projekte mit Künstlern machen“, sagt Jugendwart Tolga Inaler. Er war gerade auf der Suche nach potenziellen Partnern, da bekam er einen Anruf von Natalie Stachon. „Purer Zufall“, so Inaler. Die Künstlerin konnte nicht wissen, das die Ringer genau nach solchen Projekten suchen.
Im 2009 gegründeten Ringerverein trainieren derzeit 90 Jugendliche und Männer aus über zehn Ländern. 80 Prozent sind Flüchtlinge, die erst seit kurzem in Berlin sind und über den Sport Selbstbestimmung und Zuversicht bekommen. Sechs Berliner Meister und zwei Norddeutsche Meister stehen auf der diesjährigen Erfolgsbilanz. Die Champions kommen allesamt aus Flüchtlingsheimen. „Viele der jungen Flüchtlinge kennen den Sport Ringen aus ihrer Heimat als Volkssport, deshalb empfinden sie durch diese heimatspezifische Sportart im Verein ein Stück Zuhause“, sagt Tolga Inaler. Sie aufzunehmen, ist für ihn „soziale Verantwortung.“
Der Ringerverein sieht sich nicht als Kampfsportprojekt, sondern als Trainingsplatz, an dem Menschen aller Herkunft Sport und Erfolg erleben. Ringen, Wedding und kulturelle Vielfalt gehören für Inaler zusammen. „Wir wollen das Ansehen des Wedding aufwerten und deshalb mehr Bewohner für unseren Verein zu begeistern“, sagt er. Vor allem Jugendlichen, die von Perspektivlosigkeit betroffen sind, will der Jugendwart eine Zukunft geben. „Der Wedding darf nicht als Ghetto verkommen“, so sein Ziel.
Auch um Ringen als Sportart populärer zu machen, sucht Inaler die Verbindung zu Kunst und Kultur. Der Videodreh ist der spektakuläre Start dieser Strategie. Weitere Kunstprojekte sind in Planung. „So könnte ein Tanzlehrer mit den Sportlern ein Projekt realisieren, bei dem er Ringereinlagen und zeitgenössische Tanzbewegungen miteinander kombiniert, um die Geschichte junger Flüchtlinge zu erzählen“, so Tolga Inaler. Für das Vorhaben sucht der Verein jemanden aus einer Tanzakademie.DJ
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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