Spandau bei Berlin: Alte Fotos zeugen von spannender Geschichte
Spandau. Das neue Buch von Ralf Schmiedecke ist „Spandau bei Berlin“ gewidmet. Ein großer Teil der mehr als 170 Bilder stammt aus der Zeit vor 1920, als Spandau eine eigenständige Stadt war.
Das Titelbild stammt von 1911 und ist als Blickfang technisch ein wenig aufgehübscht. Über der Havel wölbt sich ein blauer Himmel, was auf dem schwarz-weißen Original noch nicht möglich war. Auch der Schatten des Fotografen wurde wegretouchiert. Auf Seite 117 ist der Kopf mit dem damals modischen Melonen-Hut noch gut zu sehen.
Wer sich bis auf Seite 117 durchgeblättert hat, der erfährt nicht nur, dass auf dem Bild Tante Grete und das kleine Lottchen zu sehen sind. Die beiden hatten einen Ausflug zur Kladower Uferpromenade gemacht. Das musste dokumentiert werden, zusammen mit dem Segelboot im Hintergrund. Das Foto wurde dann offenbar an Lottchens Eltern in Friedenau geschickt.
Für sein neues Spandau-Buch hat Ralf Schmiedecke, leidenschaftlicher Sammler alter Postkarten und Fotos, mehr als 170 Bild-Dokumente zusammen getragen. So manche kleine Geschichte kann der gebürtige Weddinger, der im Hauptberuf als Sicherheitsingenieur bei der Berliner Stadtreinigung arbeitet, erzählen, weil viele Jahrzehnte vor Facebook und Whatsapp Fotos in Form von Postkarten eine gebräuchliche Form der Kurzmitteilung waren. So wurde der Ausflug ebenso dokumentiert wie das Familienfest. Die Fotos erzählen aber auch viel über Spandau selbst. Kladow ist bis heute beliebtes Ausflugsziel, der Staakener Luftschifferhafen zum Beispiel jedoch so gut wie vergessen. Ein Foto zeigt Flugzeuge über der Siedlung Neu-Jerusalem, die eigens für die Angehörigen der dortigen Flugakademie in den 1920er Jahren errichtet wurde und noch heute besteht.
Bebauungsplan wurde nicht Realität
Spannend ist auch ein Bebauungsplan der Altstadt von 1955. Wäre er verwirklicht worden, hätte das Spandauer Zentrum wohl seinen Altstadt-Charme nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs nie wieder entfalten können. Breite Straßen sollten den erwarteten Autoverkehr aufnehmen, quer zur Havel gestellte Wohnblöcke für die Frischluftzufuhr sorgen. Das es nicht so kam, ist einer der Gründe dafür, dass für Spandauer wie Besucher die Zitadellenstadt immer noch etwas Besonderes „bei Berlin“ ist.CS
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.